Die neue Marx-Lektüre des frühen Operaismus

28. Mai 2015 | 20:00

Die neue Marx-Lektüre des frühen Operaismus

Klassenkampf als Sub­jekt der Geschichte — Vor­trag und Diskus­sion mit Chris­t­ian Frings

Obwohl der ital­ienis­che Operais­mus ein­er der bedeu­tend­sten Strö­mungen der Neuen Linken war und durch seinen starken Ein­fluss in den 1970er und 80er Jahren heute noch eine der Wurzeln der linksradikalen Bewe­gung in der BRD darstellt, ist er weit­ge­hend in Vergessen­heit ger­at­en. Heutzu­tage ist er nur noch in der Form des soge­nan­nten Post-Operais­mus à la Negri und Hardt bekan­nt. Diese, an der Uni, wie beim glob­al­isierungskri­tis­chen Gipfel­sturm ange­sagte The­o­rie hat aber kaum noch etwas mit dem ursprünglichen Operais­mus zu tun.

Nach dem Zweit­en Weltkrieg geri­et der Marx­is­mus an ver­schiede­nen Punk­ten in die Krise: Die kap­i­tal­is­tis­che Tech­nolo­gie hat­te in Krieg und Massen­mord ihre zer­störerische Pro­duk­tiv­ität zur Schau gestellt, und mit den Arbeit­er­auf­stän­den in Ost­deutsch­land, Ungarn und Polen 1953/1956 kon­nte sich die “Sow­jet­macht” nicht mehr als Repräsen­ta­tion der Arbei­t­er­in­ter­essen darstellen. Ein­er der inter­es­san­testen Ver­suche, sich Marx” Kri­tik der poli­tis­chen Ökonomie auf neue Weise anzueignen und für radikale Arbeit­er­poli­tik frucht­bar zu machen, ging von ein­er dis­si­den­ten Strö­mung in Ital­ien aus. Die Gruppe um die ab 1961 erscheinen­den «Quaderni Rossi» und deren Wort­führer Raniero Panzieri ver­band ihre akribis­che Neulek­türe des «Kap­i­tal» mit ein­er kri­tis­chen Rezep­tion der Indus­triesozi­olo­gie und eige­nen Unter­suchun­gen in der Fab­rik. Sie legten die fun­da­men­tale Kri­tik von Marx am despo­tis­chen Charak­ter der kap­i­tal­is­tis­chen Arbeit­sor­gan­i­sa­tion wieder frei, die nach Marx vergessen und durch
eine pro­duk­tivis­tis­che Ver­her­rlichung der Ratio­nal­ität erset­zt wor­den war. Und sie arbeit­eten die rev­o­lu­tionäre Bedeu­tung des von Marx sys­tem­a­tisch entwick­el­ten Begriffs des «kom­binierten Gesam­tar­beit­ers» her­aus, die sie zur For­mulierung ein­er «strate­gis­chen Umkehr» (Mario Tron­ti) im Ver­hält­nis von Arbeit­erk­lasse und Kap­i­tal brachte.

Nicht zulet­zt die mas­siv­en Kämpfe der Arbei­t­erIn­nen des poli­tis­chen Südens, aktuell u. a. in Chi­na und Banglade­sch, zeigen, dass diese “kopernikanis­che Wende”, die der Operais­mus in sein­er Marx-Lek­türe vol­l­zog, trotz enormer Verän­derun­gen des kap­i­tal­is­tis­chen Sys­tems noch, wenn nicht ger­ade heute wieder von höch­ster Aktu­al­ität ist.

Datum:

28. Mai 2015    

Zeit:

20:00

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

veto
Magde­burg­er Allee 180
Erfurt

Veranstalter*in:

Veranstaltungslink: