12. November 2016 | 18:00
Seit 1952 findet in der BRD jedes Jahr, zwei Sonntage vor dem ersten Advent, der Volkstrauertag statt. Dieser staatliche Gedenktag soll dazu dienen, den Toten beider Weltkriege zu gedenken. Wie kaum ein anderer Gedenktag steht dieser Tag im Zeichen der Verharmlosung der deutschen Vergangenheit. Unterschiedslos wird am Volkstrauertag jenen gedacht, die die faschistische Barbarei über Europa brachten, sechs Millionen Jüdinnen und Juden und tausende politische Gegner_innen ermordeten und jenen, die diesen Terror mit Waffengewalt niederrangen oder ihm zum Opfer fielen. Durch die Vermischung verschiedener wirklicher und vermeintlicher Opfergruppen verschwinden Ursache und Wirkung von Krieg und Massenmord in Nazideutschland. Nach den Verweisen auf “dunkle Kapitel” deutscher Geschichte können sich die Deutschen unverblümt als Opfer inszenieren und setzen die Ermordeten von Auschwitz, Belzec, Treblinka und anderen nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslagern in eine Rei
he mit dem Mordkollektiv, das diesen Horror erst möglich machte.
Jedes Jahr gilt an diesem Tag das allgemeine Tanzverbot. Dieses Verbot, was sich gegen öffentlichen Tanz und musikalische Darbietungen richtet, ist lediglich die Fortsetzung dessen, was bereits im Ersten und Zweiten Weltkrieg in Deutschland gang und gäbe war. Wenn die Deutschen um ihre von den Alliierten im Kampf gegen Deutschlands Expansion getöteten Streitkräfte trauern, versteht man keinen Spaß. Vom strammen Kameradschaftsnazi, über die CDU bis hin zur Linkspartei, welche sich vor einigen Jahren noch dazu berufen fühlte das Tanzverbot am Volkstrauertag zu kippen, gedenkt man unterschiedslos deutschen Soldaten, alliierten Streitkräften und Opfern von ‘Gewaltherrschaft’. Vom einstigen Willen das Tanzverbot zu kippen bleibt nichts mehr, wenn Bodo Ramelow umgeben von traurigen und bestürzten Bundeswehrgesichtern über die Toten trauert, die einst in die Welt zogen, um Deutschland ‘great again’ zu machen. Das Tanzverbot steht dabei nicht nur in der deutschen Tradition aus beid
en Weltkriegen, sondern stößt auch heute noch auf offene Ohren. Die Zeremonien der Neonazis zu ihrem Heldengedenken werden nicht durch feiernde oder tanzende Menschen gestört, stattdessen dürfen sie sich darüber freuen, dass, egal ob in Friedrichroda, Gotha, Erfurt oder Suhl, das deutsche Volk mit ihnen Trübsal bläst. Das Tanzverbot ist dabei nur ein Teil der deutschen Gedenkpolitik, die mit ihrer Verhöhnung der Opfer der deutschen Vernichtungspraxis, sowie der Kämpfer gegen eben jenes faschistische Deutschland durch ihre Gleichsetzung am Volkstrauertag sichtbar wird. Der Kampf gegen den Volkstrauertag und seine Verfechter ist also ein Kampf gegen das Vergessen, gegen die deutsche Version von Versöhnung. Für uns ist die Zerschlagung Deutschlands und seiner Vernichtungstruppen kein Grund zum Trauern, sondern viel mehr einer der wenigen Momente in der Geschichte, die es zu feiern gilt.
Deshalb heißt es auch dieses Jahr wieder: Volkstrauertag abschaffen!
Gegen den deutschen Opfermythos und NS-Verherrlichung! Eure Trauer bedeutet unsere Freude!
Weitere Infos: volkstrauertag-abschaffen.tk