7. Dezember 2017 | 18:00
Nachdem im Münchener NSU-Prozess nach langen Durststrecken und dem
monatelangen, turbulenten Showdown der psychiatrischen Gutachter im Juli
2017 endlich das Ende der Beweisaufnahme erreicht wurde, ist jetzt der
Weg frei für die Plädoyers und das Urteil. Den Auftakt machte die
Bundesanwaltschaft Mitte des Jahres an acht Verhandlungstagen und
übertrifft mit ihrer kontrafaktischen Zusammenfassung noch die
schlimmsten Befürchtungen, selbst wenn sie unerwartet harte Strafen
fordert und die ideologischen Hintergründe der Angeklagten minutiös
ausleuchtet.
Außerdem beginnt im Gerichtssaal und in den Medien eine
„Frontbegradigung“, die es ermöglichen soll, nach seinem Ende den
Prozesses als Ruhmesblatt des Rechtsstaates abfeiern zu können, obwohl
die wesentlichen Fragen bis heute unbeantwortet sind und niemand deren
Beantwortung mehr erwartet.
Beantwortet sind die allerwenigsten Fragen vom Beginn des Prozesses,
geklärt kaum eine der zahllosen, haarsträubenden Ungereimtheiten, die
die Diskussion bestimmen. Gesellschaftliche und politische Konsequenzen
spielen im Alltag vor Gericht und in den (unterdessen DREIZEHN)
Parlamentarischen Untersuchungsausschüssen so gut wie keine Rolle. Im
Gegenteil, die Zuspitzung: „Dem Inlandsgeheimdienst konnte nichts
Besseres passieren als der NSU“, ist so gültig wie schon kurz nach dem
Aufliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU). Bei immer
neuen entpolitisierten „Sex & Crime“-Schlagzeilen im NSU-Kontext punkten
Medien in der kurzlebigen Aufmerksamkeitsökonomie ohne die wesentlichen
Fragen zu stellen.
Immernoch nur verhalten und erst langsam artikuliert sich ein Aufschrei,
der all das nicht mehr zu akzeptieren bereit ist und beginnt eine
öffentliche Diskussion der Skandale, des behördlichen und
gesellschaftlichen Rassismus und der enormen Gefahren für das
Gemeinwesen, die von den unkontrollierbaren (Inlands-)Geheimdiensten
ausgehen.
Der Vortrag von Friedrich Burschel soll einen Überblick über bereits
Geschehenes geben sowie notwendige staatskritische Konsequenzen beleuchten.
Friedrich Burschel ist Referent zum Schwerpunkt Neonazismus und
Strukturen/Ideologien der Ungleichwertigkeit bei der Akademie für
Politische Bildung der Rosa Luxemburg Stiftung in Berlin. Er ist
akkreditierter Korrespondent des nicht-kommerziellen Lokalsenders Radio
Lotte Weimar im NSU-Prozess und Mitarbeiter des Internetprojektes
NSU-Watch (nsu-watch.info).
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu
machen und Personen, die neonazistischen Parteien oder Organisationen
angehören, der Neonazi-Szene zuzuordnen sind oder bereits in der
Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder
sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind,
den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.