Vortrag von Roger Behrens: Zur Kritik materialistischer Bildungstheorie und ‑praxis

20. November 2019 | 19:00

Dem Befund ein­er Bil­dungskatas­tro­phe in den 1950er Jahren, die alle­mal Aus­druck der gesellschaftlichen Katas­tro­phe des deutschen NS-Ter­rors war, fol­gten Bestre­bun­gen, Demokratisierung­sprozesse eng an Erziehung und Wis­senschaft zu kop­peln beziehungsweise Erziehung und Wis­senschaft zu wesentlichen Antrieb­skräften der Demokratisierung zu machen; aufge­grif­f­en wurde das auch — spätestens im Zuge der so genan­nten 68er-Bewe­gung — von der Linken: in den 1970ern haben die kri­tis­che, mate­ri­al­is­tis­che Bil­dungs­the­o­rie und dialek­tis­che Päd­a­gogik einen enor­men Auftrieb erfahren; bis in die 1980er Jahre hinein gelang es, in den Bere­ichen Wis­senschaft und Erziehung vielfältige Reform­prozesse mitzugestal­ten. Abge­se­hen davon, dass die Demokratisierung­sprozesse der Nachkriegszeit früh schon mit reak­tionären und regres­siv­en Gegen­be­we­gun­gen kon­fron­tiert waren, kol­li­dierte Bil­dungs­the­o­rie und ‑prax­is in kri­tis­che Absicht merk­würdig mit der Dynamik der ver­wal­teten Welt: Ele­mente der kri­tis­chen Bil­du
ngs­the­o­rie, kri­tis­chen Wis­senschaft und kri­tis­chen Erziehung wer­den in »demokratisierte« Lern- und Lehranstal­ten inte­gri­ert. Die emanzi­pa­torischen Gehalte kri­tis­ch­er Bil­dungs­the­o­rie und ‑prax­is ver­pufften dabei allerd­ings, wur­den banal­isiert, stumpf, »selb­stver­ständlich« etc. — Eine ver­ant­wor­tungsvolle, Wis­senschaft, die ihre Forschung reflek­tiert, eine »kindgerechte Erziehung«, und Parolen wie »Bil­dung für alle« sind heute All­ge­mein­plätze eines gesellschaftlichen Kon­sens­es, der zugle­ich alle For­men und Inhalte radikaler Kri­tik sus­pendiert hat; »kri­tisch« sind nur noch Verbesserungsvorschläge zur Opti­mierung des Nor­mal­be­triebs. Die herrschafts‑, gesellschafts- wie sub­jek­tkri­tis­chen Imp­lika­tio­nen, die selb­st dem bürg­er­lich-human­is­tis­chen Ide­al nach ein­mal mit Bil­dung, Erziehung und Wis­senschaft konzeptuell ver­bun­den waren, sind heute voll­ständig absorbiert und wirkt zugle­ich obso­let und antiquiert.

Eine Ver­anstal­tung des Biko e.V. in Koop­er­a­tion mit der Rosa Lux­em­burg Stiftung Thürin­gen.

Datum:

20. Novem­ber 2019    

Zeit:

19:00

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

veto
Magde­burg­er Allee 180
Erfurt

Veranstalter*in:

Veranstaltungslink: