12. Mai 2023 | 18:30
Poly-Beziehungen sind ’in’ und werden als Möglichkeit gelebt, sich von einengenden Vorstellungen und Normen über (monogames) Beziehungsleben zu befreien. Verbunden damit kommt die Notwendigkeit, auf vielen Ebenen auszuhandeln, wie man miteinander leben möchte und welche Regeln dabei gelten. Oft wird dabei betont, dass alle Beziehungsfragen einvernehmlich und auf Augenhöhe geklärt werden sollen. Was auf den ersten Blick einfach klingt, wird kompliziert, vor allem, wenn die Beteiligten unterschiedlich gut darin sind, ihre Bedürfnisse zu kennen und auch zu vertreten. Bei der Veranstaltung sprechen drei Referent*innen über die Schwierigkeiten, die dabei auftreten können:
Gesa Mayer hat für ihre Dissertation (im Erscheinen) Interviews mit Menschen geführt, die — dem eigenen Anspruch nach — einvernehmlich nichtmonogam leben. In ihrem Beitrag zeigt sie verschiedene Ebenen und Parameter der Herstellung von Einvernehmlichkeit auf. Zudem geht sie auf einige beziehungsimmanente und gesellschaftliche Faktoren ein, die den Poly-Idealen informierter Einwilligung, gleichberechtigter Aushandlung und Konsensfindung entgegenstehen können.
Diana Cichecki schreibt aktuell an ihrer Dissertation und hat dafür Interviews und Gruppendiskussionen mit Menschen in ganz unterschiedlichen Formen von einvernehmlich nichtmonogamen Beziehungen geführt. Dass manchmal gerade das Pochen auf (rhetorische) Einvernehmlichkeit dazu führen kann, dass Machtungleichheiten verstärkt werden und echtes Einvernehmen damit nahezu unmöglich wird, zeigt sie anhand eines Fallbeispiels auf.
Michel Raab hat sich mit der Frage beschäftigt, wie Menschen in nichtmonogamen Beziehungsnetzwerken umeinander sorgen und kann aus dieser Perspektive beitragen, dass die geschlechtsspezifisch unterschiedlich gut ausgeprägte Fähigkeit, die Interessen des Gegenübers zu erkennen und mitzudenken, dazu führt, dass in der Praxis gemischtgeschlechtlicher Netzwerke Männer oftmals bessere Chancen haben, ihre Interessen durchzusetzen.
Nach drei kurzen Inputs wollen wir ins Gespräch kommen und ausloten, welche konkreten Strategien geeignet sind, Einvernehmlichkeit in Poly-Kontexten zu leben.
Alle drei Referent*innen sind Teil des Netzwerks Kritische Beziehungsforschung, einem Zusammenschluss von Wissenschaftler*innen, die zu nichtmonogamen Lebensweisen forschen.
Eine Veranstaltung des Biko, gefördert durch den LAP Erfurt / Partnerschaft für Demokratie im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“, des Thüringer Landesprogramms „Denk bunt“ für Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit sowie die Stadt Erfurt.”
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