YOU CAN GET IT IF YOU REALLY WANT – RECHTE AUFMÄRSCHE VERHINDERN

31. März 2016 | 0:00–23:59

Als im ver­gan­genen Jahr, fast pünk­tlich zum Jahreswech­sel 2014/2015, der syrische Bürg­erkrieg auch in Europa spür­bar wurde, mussten die ersten Geflüchteten ihre Quartiere in thüringis­chen Nie­mand­slän­dern beziehen. Es passierte, was kein­er glauben wollte, jedoch jede und jed­er ohne Wahrnehmungsstörun­gen erkan­nte: Die Einge­bore­nen gruben Fack­el und Forke eben­so schnell aus wie die Parteien­land­schaft Europas die Nation­al­staaterei. Dass über­all in der thüringis­chen Periph­erie eine ver­net­zte und koor­dinierte Bedro­hung von Leib und Leben für Geflüchtete und deren Unter­stützerIn­nen auf der Straße tobt, verdeut­licht nur eines: Auf dem Land ist der Staat nicht bis kaum vorhan­den, und so er es denn ist, ver­sagt er in der Ausübung sein­er Pflicht­en, die Würde und die kör­per­liche so wie geistige Unversehrtheit des Einzel­nen zu erhal­ten.

Dieses Vaku­um staatlich­er Kom­pe­ten­zen nutzt der tabuen­themmte Mob, um seine Ressen­ti­ments und Wut gegen ein schwächeres Glied in der Kette zu ent­laden. Die Abgren­zung zum Geflüchteten find­et nicht aus wirk­lich­er Empörung über ver­meintlich­es Fehlver­hal­ten Geflüchteter, beispiel­sweise durch ange­blichen Müll im Park, ein sex­is­tis­ches Frauen­bild, das Nicht­be­herrschen der deutschen Sprache und vieles mehr, in unser­er Gesellschaft statt. Vielmehr ist die Zuge­hörigkeit zum Zwangskollek­tiv des Volkes der wirk­liche Grund für diese Empörung. Hier wird, statt die eige­nen Werte zu hin­ter­fra­gen und ein gesamt­frei­heitlich­es Welt­bild her­an zu ziehen, die Iden­ti­fika­tion mit dem Alt­bekan­nten, näm­lich der
Volks­ge­mein­schaft, gesucht. Eben mit jen­er Volks­ge­mein­schaft, welche sich eben­so durch ein Her­auf­beschwören tra­di­tioneller Werte sowie ein ver­al­tetes und unter­drück­endes Frauen- und Fam­i­lien­bild ausze­ich­net, als auch darüber, die eigene biol­o­gis­che Abstam­mung zur Her­ren­rasse her­bei zu fan­tasieren. Gegenüber Geflüchteten beste­ht beina­he eine Erwartung gravieren­den Fehlver­hal­tens. Viele dieser Vorurteile beschreiben jedoch die meis­ten Neon­azis und jene, welche sich selb­st als besorgte Bürg­erIn­nen aus­geben, viel tre­f­fend­er. So wird ver­mieden zuzugeben, selb­st der eigene Aus­druck der Uräng­ste des Deutschen zu sein: Unord­nung, Schmutz, Kon­trol­lver­lust.

Der Ver­such, diesen Men­schen zu erk­lären, dass ihnen nie­mand die gewohn­ten Priv­i­legien stre­it­ig macht, ist ver­schwen­dete Zeit.
“Besorgte Bürg­erIn­nen” sind auf­grund der gesellschaftlichen Ver­hält­nisse und dem Druck, den Erwartun­gen unser­er Gesellschaft
standzuhal­ten, aufk­lärungsre­sistent. Sie suchen ein­fache Lösun­gen für kom­plexe The­men und find­en sie bei den­jeni­gen, welche von unkri­tis­chen, naiv­en Per­so­n­en prof­i­tieren: Recht­en Parteien und ihrer von Hass und Aus­gren­zung gegenüber Schwächeren getriebe­nen Ide­olo­gie. Solche “besorgte Bürg­erIn­nen” sind der Zulauf für Parteien wie Front Nation­al in Frankre­ich, PS in Finn­land, PiS in Polen oder der AfD in Deutsch­land. Parteien, welche an beste­hen­den Fortschrit­ten im immer noch verbesserungspflichti­gen Europa kräftig rüt­teln. Sie bedi­enen eine völkische Ide­olo­gie, mit der sie eine nicht unrel­e­vante Menge
begeis­tern. Die Idee eines lib­eralen und demokratis­chen Europa ist brüchig gewor­den. Anstatt Recht­spop­ulis­ten, Hass schüren­den Per­so­n­en und deren Unter­stützerkreisen kon­tra zu geben, knick­en die etablierten Parteien ein – der Mob bekommt, was er will. Ähn­lich wie heute in der Prov­inz, passierte es in den Neun­zigern, als schon ein­mal die Wohn­heime geflüchteter Men­schen bran­nten. Deutsch­land schaffte das Asyl­recht fak­tisch ab, anstatt die TäterIn­nen zu bestrafen. Heute ist es nicht sehr viel anders: Anstatt gegen die echt­en und geisti­gen Brand­s­tifter ern­sthaft vorzuge­hen, wird der Nation­al­staat beschworen, die Gren­zen hochge­zo­gen und die zahl- und namen­losen Men­schen vor den Außen­gren­zen Europas ste­hen gelassen oder nicht vor dem Ertrinken gerettet. Während­dessen ver­lagert Europa seine Abschot­tungspoli­tik in die Türkei und sieht dafür eben über den Krieg gegen die Kur­den hin­weg.

Genau an dieser Stelle müssen wir stand­haft bleiben, Nazi­aufmärschen vehe­ment ent­ge­gen­treten, wenn möglich ver­hin­dern, die Prob­leme des Realka­p­i­tal­is­mus benen­nen und Per­spek­tiv­en emanzi­pa­torisch­er Poli­tik aufzeigen. Egal ob am 31.3. in Heili­gen­stadt oder am 2.4. in Gotha.

Datum:

31. März 2016    

Zeit:

0:00–23:59

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Heili­gen­stadt

Veranstalter*in:

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