FAU München „Das Geschäft mit der Gesundheit macht uns krank: ArbeiterInnenkämpfe im Krankenhaus“

20. Dezember 2018 | 18:00–20:00

In keinem europäis­chen Land müssen Pflegekräfte so viele Pati­entIn­nen pro Kopf ver­sor­gen, wie in der BRD. Mit der Öff­nung des Kliniksek­tors set­zte Anfang bis Mitte der 2000er Jahre eine Welle an Pri­vatisierun­gen ein. Durch die Ein­führung des DRG Sys­tems 2003, der Fall­pauschalen, geri­eten die Kliniken untere­inan­der in Konkur­renz und unter Kos­ten­druck, da Liegezeit­en verkürzt und Kosten ges­part wer­den soll­ten. Das führte dazu, dass mehr Pati­entIn­nen in kürz­er­er Zeit ver­sorgt wer­den sollen, während gle­ichzeit­ig ein Per­son­al­ab­bau stat­tfand. Zwis­chen 1995 und 2016 wur­den 13% der Stellen abge­baut. Laut gew­erkschaftlichen Stu­di­en fehlen mit­tler­weile 162.000 Stellen, davon allein 70.000 Pflegekräfte. Dies führte zu ein­er immensen Arbeitsverdich­tung.

Kranken­häuser wer­den zu Fab­riken
Die Klinikkonz­erne prescht­en voraus, indem sie noch mehr Stellen abbaut­en und ganze Beruf­s­grup­pen in tar­iffreie Lohn­dump­ing-Unterge­sellschaften out­sourcten. Die großen, rein auf Prof­it aus­gerichteten Klinikkonz­erne Helios Kliniken GmbH, Alske­pios GmbH, Rhön Klinikum AG wur­den zu Vorzeige­mod­ellen „effizien­ter“ Wirtschaftsweise und treiben finanziell schlechter gestellte kom­mu­nale Kliniken vor sich her. Diese sehen sich wiederum gezwun­gen, zu den sel­ben Maß­nah­men zu greifen wie die Konz­erne, um dem ökonomis­chen Druck standzuhal­ten. Der Anteil an zu einem Konz­ern gehöri­gen Kliniken stieg im Zeitraum von 2002 bis 2013 von 23,7% auf 34,8%.

Das Sys­tem Helios
Mit der Über­nahme des Großteils der Rhön Kliniken durch ihren Konkur­renten Fre­se­nius-Helios wurde Helios 2014 der größte Konz­ern in Europa und baute 2016 mit der Über­nahme des größten spanis­chen Klinikkonz­erns Quiron­salud seine Vor­ma­cht­stel­lung weit­er aus. Ger­ade Helios ist ein Beispiel, an dem gezeigt wer­den kann, wie durch völ­lig über­zo­gene Gewin­ner­wartun­gen ein­herge­hend mit Per­son­al­ab­bau auf allen Ebe­nen aus den Beschäftigten tagtäglich das aller­let­zte aus­ge­presst wird. Während die Gewinne steigen, schuftet die Belegschaft tagtäglich über der Gren­ze ihrer Belast­barkeit. Zusät­zlich wird durch straffe Hier­ar­chie und durch ein Kli­ma, geprägt von Ein­schüchterun­gen, der Druck immer weit­er erhöht.

Gegen­druck
Gegen diese Zustände bildete sich nach jahre­langem Brodeln unter der Ober­fläche, begin­nend mit dem Streik an der Berlin­er Charite für eine per­son­elle Min­dest­be­set­zung, Gegen­wehr. Im Jahr 2017 soll­ten rund ein Dutzend von der Gew­erkschaft ver­di auser­wählte Betriebe eine tar­i­flich geregelte Min­dest­be­set­zung bzw. eine Ent­las­tung erstreiken dür­fen. Neben großen Uni­ver­sität­skliniken wie Freiburg oder Düs­sel­dorf gehörten auch die Helios Amper Kliniken AG Dachau zu den Streik­be­trieben. Dort stieß eine streik­bere­ite Belegschaft auf einen unnachgiebi­gen Konz­ern, der einen unbe­fris­teten Streik Ende 2017 per einst­weiliger Ver­fü­gung kurzfristig ver­bi­eten ließ. Die ver­di brach danach den Arbeit­skampf gegen den Willen der Beschäftigten ab.

Der Krankenpfleger Matthias Gram­lich ist aktiv in der Unab­hängi­gen Betrieb­s­gruppe am Helios Klinikum Dachau und Mit­glied der Freien Arbei­t­erIn­nen Union in München. Er wird über die Arbeits­be­din­gun­gen in einem Klinikkonz­ern, die Erfahrun­gen aus dem Arbeit­skampf, sowie selb­stor­gan­isierte betriebliche Struk­turen bericht­en, und das Mod­ell des sozial­part­ner­schaftlichen Ansatzes der DGB Gew­erkschaften ein­er grundle­gen­den Kri­tik unterziehen.

Datum:

20. Dezem­ber 2018    

Zeit:

18:00–20:00

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Jugend­her­berge Alte Feuerwache
Neun­dor­fer Straße 3
Plauen

Veranstalter*in:

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