10. April 2025 | 18:15–21:00
Von Liberalen werden Freiheit und Individualismus als Kernbestandteile des Kapitalismus dargestellt, um ihn zu rechtfertigen. Zugleich gehören autoritäre Einstellungen und autoritäre politische Bewegungen zur Realität des Kapitalismus. Der Vortrag soll ausgehend von einer knappen Bestimmung, was Kapitalismus ist, darstellen, inwiefern Autoritarismus keine Ausnahmeerscheinung, sondern ein Produkt der gesellschaftlichen Verhältnisse ist. Der Schwerpunkt des Vortrags wird dabei auf der subjektiven Seite liegen, also auf der Frage, was das Bedürfnis nach autoritären Strukturen mit dem (Über)Leben im Kapitalismus zu tun hat. Dazu wird das Konzept des autoritären Charakters, dass in den 1920er Jahren von sozialistischen Psychoanalytikern entwickelt wurde, und das vom Institut für Sozialforschung in den 1930ern und 1940ern in mehreren Studien weiterentwickelt wurde, dargestellt und die Frage herausgearbeitet, wie die psychischen Mechanismen des Autoritarismus mit Anforderungen, die aus Lohnarbeit und marktförmigem Austausch resultieren, korrespondieren. Zum Abschluss des Vortrags soll die Frage gestellt werden, inwiefern diese Theorien auch für die Gegenwart noch fruchtbar sind, um die Grundlagen des politischen Autoritarismus heute zu erklären.
Dr. Peter Schulz ist Soziologe und arbeitet in Jena. Er hat seine Promotion zur Frage der Subjektform im Kapitalismus geschrieben. Sie ist in zwei Teilen erschienen: Kapitalistische Subjektivation. Das Subjekt des kybernetischen Kapitalismus zwischen Digitalisierung, Prekarisierung und Autoritarismus 2022 im Verlag transcript, Das widersprüchliche Selbst. Eine kritische Theorie kapitalistischer Subjektivation 2023 im mandelbaum Verlag.
Mit Peter Schulz Vortrag „Gehorsam und Abwertung als Überlebensstrategie?
Der Zusammenhang von Kapitalismus und Autoritarismus“ starten wir, die Linksjugend [’solid] Jena, am 10.04.2025 in eine (bislang) dreiteilige Vortragsreihe unter dem Titel „Neue Sehnsucht nach dem »starken Mann«? Die gesellschaftlichen Grundlagen des Autoritarismus und aktuelle autoritäre Tendenzen in Politik und Gesellschaft“ im Sommersemester 2025.
Am 14.05.2025 geht es weiter mit einem Vortrag von Lothar Galow-Bergemann (freier Journalist) zum Thema „Fallstricke der Emanzipation. Autoritäres und Regressives in der Linken gestern und heute“ und am 12.06.2025 wird Cornelius Helmert (Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena) über „Baseballschlägerjahre 2.0 oder kurzer TikTok-Trend? — Ursachen und Ausprägungen des erstarkenden Rechtsextremismus bei Jugendlichen“ referieren. Weitere Veranstaltungen sind aktuell noch in Planung.