5. November 2015 | 20:00
Vortrag und Diskussion mit Lukas Holfeld
Die Situationistische Internationale gehörte von 1957 bis 1972 zu einer der radikalsten Gruppierungen der kommunistischen Bewegung. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden mit dem Aufkommen des Freizeitsektors völlig neue Entfremdungsphänomene, welche die Situationisten als “Spektakel” zu fassen und kritisieren suchten. Prägend war für die Situationisten dabei auch der Neu- und Umbau der großen Städte, der in den 50“er Jahren einsetzte. Sie begannen, den Urbanismus als Herrschaftstechnologie zu kritisieren und versuchten aller Unwirtlichkeit zum Trotz, dem städtischen Raum kritische Erfahrungsmomente abzugewinnen. Weniger bekannt ist dabei, dass sie selbst an einer utopischen Architektur experimentierten. Allen voran der niederländische Maler Constant entwarf ein Gegenmodell zur spektakukären Stadt: New Babylon. New Babylon sollte auf Stelzen über der Erde stehen und sich durch die Tätigkeit seiner Bewohner in einer ständigen Wandlung befnden, sodass man keinen Weg ein zweites mal identisch gehen könne. Den Bewohner New Babylons stellte sich Constant als Homo Ludens, als spielenden Menschen vor — die entfremdete Arbeit ist hier einem ernsthaft spielerischen Dasein gewichen. Allerdings wurde Constant — wie viele andere zeitweilige Weggefährten — bald aus der Situationistischen Internationale ausgeschlossen, nicht zuletzt aufgrund kontroverser Auffassungen über Architektur und Urbanismus innerhalb der S.I. Der Vortrag will die Entwicklung der Stadt-Kritik der S.I. skizzieren und Constants New Babylon darin eine besondere Aufmerksamkeit widmen.