“Links kickt besser” — Der Mythos vom unpolitischen Fußball

20. April 2023 | 19:03

Jonas Wollenhaupt, Klaus-Dieter Stork: “Links kickt besser” — Der Mythos vom unpolitischen Fußball

Buchvorstel­lung und Pub­likums­ge­spräch

Warum Fußball schon immer poli­tisch war

Nicht erst mit der Fußball­welt­meis­ter­schaft in Katar wur­den der Zusam­men­hang von Sport in gesellschaftlichen und poli­tis­chen Kon­tex­ten medi­al the­ma­tisiert. Während das  men­schen­rechtsver­ach­t­ende Emi­rat die kom­merzial­isierte Hochglanz­vari­ante des Fußballs zum Touris­mus­mar­ket­ing nutzte, zeigen die bei­den Autoren eine ganz andere Ver­sion des Spiels.

Prof­i­teure inter­na­tionaler Sportver­anstal­tun­gen behaupten stets, man habe Poli­tik und Sport voneinan­der zu tren­nen. Auch Angesichts der Fußball-WM in Katar räu­men Klaus-Dieter Stork und Jonas Wol­len­haupt mit dem Mythos vom „unpoli­tis­chen“ Fußball auf. Sie erin­nern an den wilden Fußball in Eng­land und Ital­ien, ans Kick­en im kaiser­lichen Deutsch­land, an den Kampf von Frauen für ihren Sport, an brasil­ian­is­che Leg­en­den wie Arthur Frieden­re­ich, an den  Fußball­fan Dmitri Schostakow­itsch und „die linke Hand Gottes“. Es ist „die Kurve“, die den Liebhaber*innen des Fußballs „die ersehnte Gebor­gen­heit“ in der kalten glob­al­isierten Welt gibt.

Das Buch “Links kickt bess­er” ist eine Liebe­serk­lärung an den anar­chis­chen Fußball, der auf Bolz­plätzen, Wiesen oder in Hin­ter­höfen gespielt wird. Die Autoren zeigen Anhand viel­er Fak­ten, dass das Ball­spiel immer poli­tisch war.
Beispiel­sweise geht das das Buch auf die Arbeit­er­sport­be­we­gung ein. In den Anfangs­jahren hät­ten die Arbeit­er weniger kör­per­be­tont gespielt. Schließlich sei der Geg­n­er auch ein Genosse, der seine Fam­i­lie ernähren müsse. Tack­lings waren dem­nach ver­pönt. Elfme­ter wur­den gerne in die Arme des Tor­warts geschossen und Torschützen nicht genan­nt. Ver­let­zte sich ein Spiel­er, ging immer auch ein Spiel­er der anderen Mannschaft vom Platz. Punk­te soll­ten für ethis­che Aktio­nen vergeben wer­den, nicht für Siege.

Die Zeitschrift „Arbeit­er-Fußball“ notierte am 11. Novem­ber 1925: „Sechs lange Tage in der Woche werdet Ihr vom Kap­i­tal­is­mus aus­ge­beutet und mis­sachtet, der siebte aber gehört uns und soll eine Erhol­ung für uns sein.“

Auch find­et großer Visionär ein­er linken Fußbal­lu­topie seinen Platz im Buch:
Sócrates. Der Brasil­ian­er war Anfang der 80er-Jahre ein­er der Köpfe bei Corinthi­ans São Paulo, einem der ersten selb­stver­wal­teten Profivere­ine der Welt. Unter der damals herrschen­den Mil­itärdik­tatur führten die Corinthi­ans im Vere­in Trikotwer­bung ein. Allerd­ings war­ben sie nicht für Coca-Cola oder Pep­si. Auf ihren Trikots stand der Slo­gan: „Siegen oder ver­lieren, aber stets
mit Demokratie“.

Eine Koop­er­a­tionsver­anstal­tung der Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung Thürin­gen mit dem Fan­pro­jekt Jena.

Datum:

20. April 2023    

Zeit:

19:03

Veranstaltungsort:

Fanprojekt/Jahnwiese

Jena

Veranstalter*in:

Thüringer Lan­deszen­trale für poli­tis­che Bil­dung