21. Oktober 2024 | 19:00
Der Aufstieg des Rechtspopulismus in Europa wird häufig als eine Reaktion auf ökonomische Krisen und neoliberale Deregulierung erklärt. Beim Blick auf die rechtspopulistische und rechtsextreme Parteienlandschaft zeigt sich dagegen eine widersprüchliche Mischung aus wirtschaftsliberalen, protektionistischen und mittelstandsorientierten Forderungen, die von sozialen Geschenken an die autochthone Bevölkerung flankiert werden. Auch in der AfD wurde lange Zeit ein Richtungsstreit zwischen den wirtschaftsliberalen Kräften und dem völkischen Flügel ausgetragen, der eher für eine „sozialpatriotische“ Programmatik steht. Im Vortrag wird dieser Konflikt beleuchtet und herausgearbeitet, dass beide Strömungen im Kern auf ein ähnliches Menschen‑, Staat- und Gesellschaftsbild hinauslaufen, das man bereits im sogenannten Ordoliberalismus der 1930er und 1940er findet. Für den Ordoliberalismus sind Neoliberalismus, Konservatismus und die Soziale Frage keine Widersprüche, sondern gemeinsame Antworten auf eine geteilte Krisendiagnose.
Dr. Felix Schilk forscht zum Verhältnis von Rechtsextremismus, Konservatismus, Populismus, Verschwörungstheorien, Antisemitismus und Esoterik. Er ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Tübingen beschäftigt.