26. Januar 2016 | 18:15–19:45
Prof. Dr. Samuel Salzborn, Göttingen
Antisemitische Einstellungen werden oft am rechten Rand der Gesellschaft verortet, nicht zuletzt deshalb, weil Antisemitismus das zentrale weltanschauliche Element des Nationalsozialismus war. Gleichwohl zeigt ein Blick auf die jüngere Geschichte der bundesdeutschen Demokratie: Antisemitismus findet sich in allen Teilen der Gesellschaft, auch und gerade in deren Mitte. Aus dieser empirischen Einsicht folgen mehrere Fragen, die im Vortrag diskutiert werden sollen. Denn es stellt sich einerseits die Frage, in welchem Verhältnis Antisemitismus und Demokratie stehen und warum es unter demokratischen Prämissen nach wie vor Antisemitismus gibt, andererseits sind aber auch die Gemeinsamkeiten und Unterscheide von antisemitischen Artikulationsformen zu beleuchten. Denn linker Antisemitismus unterscheidet sich nicht nur vom Antisemitismus im Rechtsextremismus, sondern auch von dem der gesellschaftlichen Mitte. Das Verhältnis von Weltanschauung und Gewalt, das in den antisemitischen Morden in Brüssel im Jahr 2014 und in Paris im Jahr 2015 in brutaler Weise sichtbar wurde, soll schließlich auch Hinweis zu der Frage der Zusammenhänge und Differenzen von Antisemitismus und Demokratie liefern.