Prozess & Kundgebung: „Ein Prozess, keine Gesellschaft, ein rassistischer Komplex.“

24. Oktober 2014 | 8:45

Am 17. April 2014 führ­te die Bun­des­po­li­zei im Zug nach Jena gemäß „Racial Profiling“-Schema Kon­trol­len an Aktivist_innen von „The Voice Refu­gee Forum“ durch. An die­sem Tag führ­ten auch zwei Per­so­nen der Lan­des­po­li­zei am Anger in Erfurt eine Kon­trol­le nach die­sem Sche­ma durch. Sie lie­fen ziel­ge­rich­tet auf zwei Men­schen zu, die als nicht weiß kon­stru­iert wer­den, wäh­rend sie alle ande­ren Per­so­nen igno­rier­ten. B. beob­ach­te­te das Gesche­hen, woll­te die ras­sis­ti­sche Tat nicht hin­neh­men und ver­such­te zu inter­ve­nie­ren. Die Beam­ten reagier­ten unein­sich­tig, sie woll­ten die Kon­trol­le nicht abbre­chen. Ihnen wur­den dabei Hin­ter­grün­de zu Poli­zei­ar­beit, Ras­sis­mus, auch in Bezug zum soge­nann­ten NSU, erläu­tert: Der kom­plet­te Poli­zei-Appa­rat hat unter Fami­li­en­mit­glie­dern von Betrof­fe­nen, Türk_innen, Kurd_innen, Schwar­zen und Romn_ja ermit­telt. Wäh­rend­des­sen konn­ten deut­sche Bombenbauer_innen und Mörder_innen min­des­tens neun Men­schen aus ras­sis­ti­schen Grün­den töten.

Bei der Inter­ven­ti­on fiel auch der Satz „Ihr seid Ras­sis­ten“, der sich auf die deut­sche Poli­zei bezog. Die­ser Satz zeig­te sei­ne Wir­kung. Die bei­den Beam­ten fühl­ten sich per­sön­lich ange­spro­chen und stell­ten eine Anzei­ge wegen „Belei­di­gung“. Die Staats­an­walt­schaft stell­te im Nach­gang fest, dass B.s Ein­schrei­ten poli­tisch moti­viert war und die­ser Angriff auf die deut­sche Poli­zei mit 800 EUR zu süh­nen ist.

In einem Pro­zess soll nun öffent­lich Ras­sis­mus in Deutsch­land und die Rol­le der Poli­zei ver­han­delt wer­den. B. möch­te nicht, dass es im Pro­zess um ihn geht, son­dern dar­um, dass Betrof­fe­ne zu Wort kom­men. Er war und ist immer auf Betrof­fe­ne ange­wie­sen, die ihm die Welt aus ihrer Sicht erklä­ren, die für ihn durch Pri­vi­le­gi­en ver­schlos­sen ist. Um den Sta­tus Quo des Ver­nei­nens von Ras­sis­mus in Deutsch­land auf­zu­zei­gen und zu durch­bre­chen, wer­den von Ras­sis­mus Betrof­fe­ne als Sach­ver­stän­di­ge vor Gericht bean­tragt. Wei­ter­füh­rend soll durch die­sen Pro­zess eine Dis­kus­si­on über die Inter­ven­ti­ons­mög­lich­kei­ten bei ras­sis­ti­schen Kon­trol­len ange­sto­ßen wer­den. Racial Pro­fil­ing ist nichts ande­res, als die fak­ti­sche Nicht-Aner­ken­nung der ver­meint­lich uni­ver­sel­len Grund­rech­te – wie dem Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot – auf­grund von Ras­sis­mus. Das Pro­blem beim Racial Pro­fil­ing liegt nicht bei der kon­trol­lier­ten Per­son und ihrer angeb­lich oder tat­säch­lich eth­ni­schen Her­kunft, son­dern in den ras­sis­ti­schen Denk­mus­tern von Polizist_innen. Ras­sis­mus ist das Grund­mus­ter; fest ver­wach­sen in Staat und Gesell­schaft seit dem Beginn der kolo­nia­len Erobe­rungs­zü­ge. Kolo­ni­al­ras­sis­mus, „Rassen“-Konstruktion der Nazis, Ras­sis­mus der euro­päi­schen Demo­kra­tien. Es gab kei­ne Brü­che, es ist eine unge­bro­che­ne Kette.


Bist du Betroffene_r von Ras­sis­mus und „Racial Pro­fil­ing“ und möch­test anonym oder öffent­lich den Pro­zess als Platt­form nut­zen, kannst du dich bei: melden.

Datum:

24. Okto­ber 2014 

Zeit:

8:45

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