Wer Zecken stresst, kriegt Zeckenstress! Aufruf zu dezentralen Aktionen gegen den Naziaufmarsch in Gotha

1. Oktober 2016 | 0:00–23:59

Am 01.10.2016 wollen die friedens­be­sehlten Nazis rund um das BZLG (Bünd­nis Zukun­ft Land­kreis Gotha) eine Demon­stra­tion unter dem Mot­to „Gegen linke Gewalt“ zele­bri­eren. Begin­nen soll diese um 14:00 Uhr auf dem Bahn­hofsvor­platz in Gotha. Anlass für die Nazis stellen wohl, neben den ver­meintlich unzählbar vie­len „linken Gewalt­tat­en“ in Gotha, vor allem die Geschehnisse vom 8. Sep­tem­ber dar. Hier ein kurz­er Rück­blick: klick. Auch bun­desweit bekan­nte Nazi­ak­tivis­ten, wie der „Die Rechte“ Abge­ord­nete Alexan­der Kurth aus Leipzig, wollen an der Demon­stra­tion teilnehmen.Was die Nazis genau pla­nen ist nicht bekan­nt, lediglich dass sie eine Demo ab dem Gothaer Haupt­bahn­hof angemeldet haben und diese bewer­ben. Wahrschein­lich ist damit zu rech­nen, dass sie ver­suchen wer­den in die Nähe der Räume des Ju.w.e.l. e.V. in der Hers­dorf­s­traße zu kom­men. Für sie sind diese Räume das Herz der antifaschis­tis­chen Bestie. In den ver­gan­genen Jahren wurde immer wieder ver­sucht diese Räume anzu­greifen. Dabei waren die nach Frieden plär­ren­den Nazis nicht zim­per­lich. Eine Kugel­bombe wurde vor dem Haus deponiert und gezün­det, zweimal griff eine Horde Hooli­gans an oder es flo­gen Steine durch die Fen­ster. Von den kleinen zahllosen Angrif­f­en, wie das schmieren von Hak­enkreuzen auf die Hauswand oder die abge­trete­nen Regen­rohre, möcht­en wir gar nicht sprechen. Auch Demoan­melder Mar­co Zint wurde bere­its beim Steineschmeis­sen auf die Räume gese­hen. Um so mehr belächeln wir den Frieden­sak­tivis­mus des BZLG. Wer einen Stein durch ein Fen­ster wirft, nimmt zumin­d­est in Kauf das hin­ter dem Fen­ster jemand ver­let­zt oder getötet wird. Wie sagte es Paul Spiegel so schön „Hin­ter den rufen nach Frieden ver­schanzen sich die Mörder.“. Augen­schein­lich begeben sie sich, wie bei ihren Demos gegen den „ali­ierten Bomben­ter­ror“ oder der „Trauer um die gefal­l­enen Kam­er­aden des 2. Weltkrieges“, in die gewohnt wein­er­liche Opfer­rolle des gescheit­erten und unfair geschla­ge­nen Nation­al­sozial­is­ten.
Das Glashaus und der Stein – Wenn die eigene Lüge zur Wahrheit wird
Grund­sät­zlich haben wir das Gefühl, dass Neon­azis den Begriff der Gewalt so definieren, wie sie es derzeit bei der ras­sis­tis­chen Het­ze gegen Geflüchtete machen, solange die Aus­sage zur erdacht­en Wahrheit passt, wird sie schon stim­men. In Sachen Gewalt ken­nen sich Neon­azis aus Gotha und Umland näm­lich bestens aus. Im Feb­ru­ar 2014 hat eine Horde Neon­azis in Ball­städt (bei Gotha) eine Kirmes­ge­sellschaft über­fall­en und teil­weise ins Kranken­haus geprügelt. klick Hier­an beteiligten sich nicht nur Nazis aus Gotha son­dern aus ver­schiede­nen Regio­nen Thürin­gens, wie beispiel­sweise der dort Angeklagte Ste­fan Fahren­bach aus Suhl, welch­er trotz Gericht­sprozess­es weit­er­hin Men­schen attack­iert klick. Die Gothaer Szene ist gut ver­net­zt, ger­ade wenn es sich um mil­i­tante Struk­turen han­delt. Zum Beispiel das BZLG Mtglied und der rechte „Lie­der­ma­ch­er“ Tom­my Bran­dau alias „Zeit­nah“. Bran­dau wech­er 2015 mit Mit­gliedern der Schlägertrup­pen „Brigade 8“, „Brigade Halle“ sowie eini­gen „Die Rechte“ Abge­ord­neten aus Berlin und Bautzen auf einem Foto zur Schau stand. In dem Bun­des­land, in dem sich der NSU radikalisierte und später bun­desweit mehr als neun Men­schen durch gezielte Schüsse ermordete, kön­nen mar­o­dierende Naz­i­hor­den weit­er­hin ihr Unwe­sen treiben. Wie sich­er sich selb­st der Neon­azi aus Gotha fühlt, welch­er vor kurzem mit einem Anschlag dro­hte, beweist mehr und mehr wie unge­hin­dert rechte Täter agieren kön­nen. Nur auf Grund der Veröf­fentlichung auf linken Plat­tfor­men kon­nte dieser kurzweilig von den Behör­den fest­ge­set­zt wer­den, bevor Schlim­meres passiert.
(K)eine Frage der Gewalt – Für ein Ende der Gewalt
Wie wir immer wieder an den Ver­suchen der Neon­aziszene gese­hen haben, ist ihnen jedes Mit­tel der Gewalt recht um gegen ihre poli­tis­chen Geg­n­er vorzuge­hen. Doch nicht nur ein mar­gin­al­isiert­er Haufen um Mar­co Zint und Michel Fis­ch­er schwadronieren vom Märchen der „linken Gewalt“. Die Akteure der AfD, allen voran die Thüringer Björn Höcke und Wiebke Muh­sal, wet­tern in Ein­tra­cht mit Ver­fas­sungss­chutz, der soge­nan­nten bürg­er­lichen Mitte und der Polizei gegen „linke Gewalt“. Doch ger­ade hier wird deut­lich, dass Gewalt nicht eine Frage von Sachbeschädi­gung oder Kör­per­ver­let­zung ist, son­dern immer auch eine Frage ihrer Legit­i­ma­tion. Alleine aus der His­to­rie her­aus hat sich gezeigt, dass Gewalt dann zum Aus­druck kam, wenn eine alte Gesellschafts­form abgelöst wurde. Der Schritt hin zur indus­triellen Rev­o­lu­tion war auch immer mit dem Schritt der Gewalt durch eine erweit­erte Form der Aus­beu­tung und Unter­drück­ung ver­bun­den. Durch die Kon­sti­tu­tion eines Staates obliegt die Bes­tim­mung der Gewalt bei eben jenen, die gle­ichzeit­ig das Gewalt­monopol inne haben. Dabei bedeutet es nicht, das Gewalt­monopol des Staates gin­ge nur von der eige­nen staatlichen Gewalt aus. Der Staat toleriert und fördert lediglich die Gewalt, die er als legit­im und notwendig ansieht. Unab­hängig von wem und in welch­er Form sie aus­geübt wird. Wenn das Arbeit­samt Men­schen zwingt in Maß­nah­men zu gehen, sie durch Sank­tio­nen in die Armut treibt und schikaniert ist das eine Form dieser Gewalt. Hier wird deut­lich, dass das Gewalt­monopol des Staates nicht seine Auswirkun­gen bet­rifft, son­dern viel mehr dazu dient die gesellschaftliche Gewalt von Aus­beu­tung und Unter­drück­ung zu garantieren und zu sich­ern. Soll­ten diese Ver­hält­nisse hin­ter­fragt oder ein Ver­such des Angriffs unter­nom­men wer­den, dann schre­it­et der Staat selb­st zur Tat. Dabei wird unter­schieden in „legale“ und „ille­gale Gewalt“, wobei das Gewalt­monopol die „legale Gewalt“ sehr gut einzuset­zen weiß. Wenn Men­schen ver­suchen sich ihre Betriebe oder Häuser anzueignen ist die Rede von Gewalt, wenn Men­schen in Armut und Obdachlosigkeit gedrängt wer­den, wird dazu geschwiegen. Franz Schan­dl brachte diesen Vor­gang auf den Punkt: „Das alles ste­ht selb­stver­ständlich mit der bürg­er­lichen Geset­zlichkeit in vollem Ein­klang, das ist alles gutes Recht. Gewalt ist nicht, was der Ver­w­er­tung von Kap­i­tal dient, Gewalt hinge­gen ist, was die Ver­w­er­tung stört.“

Das Recht und Gesetz, die als Waf­fen der staat­streuen Gefol­gschaft geführt wer­den, genau so wenig Schutz vor der Gewalt bieten, zeigte sich in prak­tis­chen Beispie­len beim Bul­lenüber­fall Anfang Sep­tem­ber im J.u.w.e.l., wie auch in Suhl, als ein Kör­per­ver­let­zungsver­fahren gegen einen Nazis­chläger eingestellt wor­den ist. Das Recht vor Gewalt schützt ist ein Märchen. Viel mehr ist es ein Mit­tel der Umset­zung von Gewalt. Damit das Recht anerkan­nt wird, benötigt es Gewalt und will die Gewalt in der heuti­gen Gesellschaft, in der man nicht mehr mit Keulen ein­fach jeden totschla­gen kann, bestand haben, braucht es das Recht um sich in gewis­sen Maß zu legit­imieren. Die Gewalt ist wesentlich­er Bestandteil der Gesellschaft, nur wird diese Gewalt als eine Selb­stver­ständlichkeit begrif­f­en und ist somit Teil des abstrak­ten Staats­fetis­chis­mus. Nicht die Gewalt hat Sys­tem, nein, dass kap­i­tal­is­tis­che Sys­tem ist die Gewalt.

Die Frage danach, ob wir als Antifaschis­ten die für eine befre­ite Gesellschaft ein­treten, zur Gewalt greifen oder nicht, kann sich nicht stellen. Wir haben keine Wahl, denn die herrschende Gewalt lässt sie uns nicht. Es ist keine Frage ob wir Gewalt als solche ausüben wollen, son­dern in welch­er Form sie sin­nvoll ist. Wenn wir von Gewalt sprechen definieren wir nicht, wie der Ver­fas­sungss­chutz (im neusten Ver­fas­sungss­chutzbericht 2014/15) linken Grup­pen zuschuldet, den Mord an Men­schen. Zwis­chen Gewalt und Mord gibt es für uns einen Unter­schied, wed­er wür­den wir jemals dazu aufrufen, noch es bil­li­gend in Kauf nehmen. In dieser Gesellschaft wird immer von demokratis­chen Entschei­dun­gen und Herange­hensweisen schwadroniert, wer sich jedoch mit dieser kap­i­tal­is­tis­chen Geselschaft auseinan­der­set­zt wird fest­stellen, dass alles auf Gewalt aufge­baut ist, Geschlechter­rollen, Schule, Arbeit, wen man Lieben darf und wen nicht, ja sog­ar das Ver­samm­lungsrecht. Faschis­tis­che Ban­den, die Flüchtling­sheime anzün­den, Men­schen jagen und dabei vom Staat gedeck­elt wer­den, zurück­zuschla­gen ist eine solche, von uns akzep­tierte sin­nvolle Gewalt. Wenn Häuser und Betriebe beset­zt wer­den, um unserem eige­nen Elend ein wenig ent­ge­gen­wirken zu kön­nen, ist das ein Tropfen auf den heißen Stein im Kampf für die befre­ite Gesellschaft und das schöne Leben, den­noch eine sin­nvolle Gewalt. Wenn es möglich gemacht wer­den kann zu ver­hin­dern, dass Men­schen um Leib und Leben fürcht­en müssen, dann ist das sin­volle Gewalt.

Gewalt sollte jedoch keine Frage der Notwehr sein, son­dern als Strate­gie begrif­f­en wer­den sich der „fast unlös­baren Auf­gabe“ zu stellen „wed­er von der Macht der anderen, noch der eige­nen Ohn­macht sich dumm machen zu lassen.“ (Theodor W. Adorno), wobei diese Gewalt immer das Ziel haben sollte die herrschen­den unmen­schlichen Ver­hält­nisse zu über­winden und auf ein Ende der Gewalt hinzuwirken. Die Ver­hin­derung von etwas Schlim­meren, sprich die faschis­tis­che Bar­barei, wie sie von Zint und Co angestrebt ist, gilt es eben­so zu ver­hin­dern. Einen Nazi­auf­marsch zu block­ieren, sabotieren und anzu­greifen ist eine Notwendigkeit. Wer sich andere Men­schen in die Gaskam­mer wün­scht oder ihren Tod zumin­d­est bil­li­gend in Kauf nimmt, muss beim Ver­hin­dern der Träume ihrer Großel­tern nicht mit Samthand­schuhen ange­fasst wer­den. In diesem Sinne kämpfen wir gemein­sam für ein Ende der Gewalt, denn so lange die herrschen­den Ver­hält­nisse weit­er beste­hen sollte es heißen:

Wer Zeck­en stresst, kriegt Zeck­en­stress! Am 1. Okto­ber nach Gotha!

Datum:

1. Okto­ber 2016    

Zeit:

0:00–23:59

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Gotha

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