25. Antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag 2015

6. November 2015 – 7. November 2015 | 0:00–23:59

IM 70. JAHR DER BEFREIUNG — Unser Aufruf zum 25. Antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag 2015 in Weimar

Am 9. Novem­ber 1938 zün­de­ten Deutsche lan­desweit Syn­a­gogen und andere jüdis­che Ein­rich­tun­gen an, ver­fol­gten und ermorde­ten Jüdin­nen und Juden. Seit den 90er Jahren organ­isieren wir als ein Bünd­nis aus sich als antifaschis­tisch ver­ste­hen­den Zusam­men­hän­gen und Einzelper­so­n­en um den Jahrestag der Reich­s­pogrom­nacht den antifaschis­tis­chen und anti­ras­sis­tis­chen Ratschlag, um uns aktuellen For­men des Men­schen­has­s­es zu stellen. Der Ratschlag will faschis­tis­che Ten­den­zen in ihren unter­schiedlich­sten For­men und Ebe­nen bekämpfen, die Aktiv­en zusam­men­brin­gen und ver­net­zen sowie Posi­tio­nen und Strate­gien im Bere­ich des Antifaschis­mus und Anti­ras­sis­mus disku­tieren. Dieses Jahr wird der 25. Ratschlag am 6./7. Novem­ber in Weimar stat­tfind­en.

»Lieber Führer komm her­aus, aus dem Ele­fan­ten- haus!« — Diesen Slo­gan kon­nte man von der jubel­nden Menge hören, wenn Adolf Hitler in Weimar zu Besuch war. Weimar war eine frühe Hochburg der Nation­al­sozial­is­ten, Thürin­gen war das erste Land mit nation­al­sozial­is­tis­ch­er Regierungs­beteili­gung. Und im nahen Konzen­tra­tionslager Buchen­wald wur­den die Ver­nich­tungsphan­tasien durch die Nazis in die Tat umge­set­zt. Am 1. Mai dieses Jahres geri­et Weimar erneut in die Schlagzeilen, als Nazis die Maikundge­bung des DGB attack­ierten. Auch wenn viele der beteiligten Recht­en nicht aus Weimar kamen, so sind mit dem wegen vorsät­zlich­er Kör­per­ver­let­zung eines 13-jähri­gen Jun­gens verurteil­ten Michael Fis­ch­er und seinem Vater seit Jahren zwei in der Szene umstrit­tene Nazis in Weimar aktiv. Sie melden rechte Kundge­bun­gen, wie den jährlich stat­tfind­en Trauer­marsch, an oder beteili­gen sich an über­re­gionalen Nazi-Events.

Zudem leben in den Außen­bezirken der Stadt sowie im Weimar­er Umland eine größere Menge unor­gan­isiert­er »Stammtis­chnazis«, welche eine hand­feste Gefahr für Men­schen darstellen, die nicht in ihr enges Welt­bild passen. Dass sich die von rechter Gewalt (poten­ziell) Betrof­fe­nen nicht immer auf die Polizei ver­lassen kön­nen, zeigen die von drei linken Jugendlichen erhobe­nen Vor­würfe von Polizeige­walt, die in Weimar vor Gericht ver­han­delt wer­den.

Aktuelle Her­aus­forderun­gen … — Seit Jahren hat es in Thürin­gen nicht mehr so große Nazi­aufmärsche gegeben wie Anfang des Jahres in Suhl. Auf ihrem Höhep­unkt brachte die sich auf PEGIDA berufende Thüringer SÜGIDA ca. 1.000 Men­schen in Suhl auf die Straße, um gegen Flüchtlinge zu demon­stri­eren. Der zivilge­sellschaftliche und antifaschis­tis­che Gegen­protest blieb stand­haft, war aber zahlen­mäßig dauer­haft unterlegen.Aus SÜGIDA wurde Mitte März THÜGIDA mit wech­sel­nden Auf­marschort­en. Die ras­sis­tis­che PEGI­DA-Bewe­gung und ihre Ableger wer­den beim diesjähri­gen Ratschlag eben­so The­ma sein wie die andauernde Flucht­be­we­gung aus den Kriegs- und Elend­sre­gio­nen und die Sit­u­a­tion von Geflüchteten in Thürin­gen.

Der Ratschlag stellt sich gegen men­schen­feindlich­es Denken und Han­deln sowie gegen die Ver­hält­nisse, die dieses ermöglichen. Let­ztere wer­den von der Extrem­is­mus­dok­trin, die alle Übel an den poli­tis­chen Rän­dern, aber bloß nicht im Wesenskern der Gesellschaft­sor­d­nung aus­machen will, ver­harm­lost. Die Gefahr für Men­schen durch anti­semi­tis­che und ras­sis­tis­che Mord­bren­nerei und ihre Vorstufen beste­ht nicht in extrem­istis­chen Ansicht­en, son­dern in einem Denken, das Men­schen anhand ihrer Nüt­zlichkeit für die Pro­duk­tion­sor­d­nung bew­ertet. Es ist die Ein­rich­tung der beste­hen­den Gesellschaft, die den Men­schen solch­es Denken und Ver­hal­ten nahelegt.

… und men­schen­feindliche Ver­hält­nisse — Das Mit­telmeer ist längst zu einem Mas­sen­grab gewor­den. Die kap­i­tal­is­tis­chen Metropolen schot­ten sich gegen die zu ihnen fliehen­den Armen ab, obgle­ich sie deren Armut mitzu­ver­ant­worten haben. Jene für die kap­i­tal­is­tis­che Pro­duk­tion­sor­d­nung Über­flüs­si­gen fliehen vor Hunger, Krieg, Umweltkatas­tro­phen oder Armut. Unab­hängig von ihren Flucht­grün­den wer­den sie von den die eigene Über­flüs­sigkeit fürch­t­en­den deutschen Ein­heimis­chen als »Wirtschafts­flüchtlinge« ange­fein­det.

SÜGIDA, THÜGIDA und Co. fürcht­en nicht um die abendländis­che Kul­tur, sie fürcht­en die Konkur­renz und die Armut, die ihnen die Flüchtlinge vor Augen führen und die die eigene Zukun­ftsper­spek­tive von Kle­in­fam­i­lie, Eigen­heim und sicher­er Rente für lebenslange Arbeit bedro­ht. Dabei bekämpfen sie statt der Armut die Armen und haben eine Gesellschaft im Sinn, in der für wirk­liche Sol­i­dar­ität erst recht kein Platz mehr sein soll. Gegen solch extreme Ver­hält­nisse, ihre Befür­worter und die, die noch schlim­meres im Sinn haben, wen­det sich der antifaschis­tis­che und anti­ras­sis­tis­che Ratschlag. Uns, die Aktiv­en des Ratschlags in Thürin­gen, verbindet das Inter­esse an ein­er offe­nen und sol­i­darischen Gesellschaft, in der alle Men­schen ohne Angst ver­schieden sein dür­fen. Dass eine solche Gesellschaft nicht erre­icht ist, darüber sind wir uns einig, wie wir uns ein­er solchen Gesellschaft näh­ern wollen und kön­nen, darüber wollen wir stre­it­en.

Span­nungs­felder und Schnittstellen antifaschistischer/antirassistischer Prax­is — Der Ratschlag will die ganze Bre­ite des Antifaschis­mus in Thürin­gen von bre­it­en, plu­ralen Bürg­er­bünd­nis­sen, Gew­erkschaften, Parteien, undog­ma­tis­chen Linken bis zu linksradikalen Antifa-Grup­pen repräsen­tieren und ver­net­zen. Dabei stre­it­en wir nicht nur um die Frage der Mit­tel der poli­tis­chen Auseinan­der­set­zung, son­dern auch um Deu­tungsan­sätze, die die Bedro­hung durch Nazis in ihren gesellschaftlichen Kon­text set­zt. Ein bre­it­er Wider­stand gegen Nazi­aufmärsche und ‑struk­turen, Aufk­lärung, etwa in Form des Abbaus von Vorurteilen, und Men­schen­rechts­bil­dung, aber auch das Ver­ständ­nis von Anti­semitismus und Ras­sis­mus als notwendi­ge gesellschaftliche Ver­hält­nisse in ein­er Gesellschaft­sor­d­nung, die die Men­schen­rechte eben­so her­vor­bringt wie die Möglichkeit ihrer Abschaf­fung, find­en sich auf dem Ratschlag als Posi­tio­nen. Gemäß jen­em Ansatz umfassender Gesellschaft­skri­tik, wie ihn etwa linksradikale Grup­pen betreiben, erfordert die nach­haltige Bekämp­fung von Anti­semitismus und Ras­sis­mus die Abschaf­fung der kap­i­tal­is­tis­chen Verge­sellschaf­tungsweise. Unab­hängig von den Deu­tungsan­sätzen, organ­isatorischen und the­o­retis­chen Hin­ter­grün­den der ver­schiede­nen Akteurin­nen und Akteure des Antifaschis­mus in Thürin­gen verbinden uns prak­tis­che Bemühun­gen, etwa zur Eindäm­mung faschis­tis­ch­er Bewe­gun­gen oder zur Schaf­fung ein­er human­itären Flüchtlingspoli­tik und sei es durch ger­ing­ste Verbesserun­gen in der Unter­bringung, Ver­sorgung oder der Möglichkeit über­haupt nach Thürin­gen zu gelan­gen. Der antifaschis­tis­che und anti­ras­sis­tis­che Ratschlag will sich die Gemein­samkeit­en und Unter­schiede sein­er Akteurin­nen und Akteure bewusst machen, diese offen disku­tieren und richtet sich darin nicht nur an organ­isierte Antifaschistin­nen und Antifaschis­ten in Thürin­gen, son­dern an alle inter­essierten Men­schen.
Wer am 6./7. Novem­ber gemein­sam mit uns disku­tieren, sich und andere aufk­lären und sich mit anderen Aktiv­en ver­net­zen möchte, den laden wir her­zlich ein, zum 25. antifaschis­tis­chen und anti­ras­sis­tis­chen Ratschlag 2015 nach Weimar zu kom­men!

Unterstützer_innen:

Aktions­bünd­nis Gera gegen Rechts
Antifaschis­tis­che Aktion Gotha [aagth]
Antifaschis­tis­che Grup­pen Südthürin­gen (AGST)
Antifaschis­tis­che Koor­di­na­tion Erfurt [ake]
Antifa Suh­l/Zel­la-Mehlis
Aus­län­der­beirat der Stadt Weimar
Bünd­nis 90/Die Grü­nen Kreisver­band Weimar
Bünd­nis 90/Die Grü­nen Thürin­gen
Bil­dungskollek­tiv Biko e.V. Erfurt
Bürg­er­bünd­nis gegen Recht­sex­trem­is­mus Weimar
Büro für Gle­ich­stel­lung Weimar
DGB Bezirk Hes­sen- Thürin­gen
DGB Bil­dungswerk Thürin­gen e.V.
DGB Jugend Erfurt
DGB Jugend Thürin­gen
DGB Kreisver­band Weimar
DIE LINKE. Weimar
DIE LINKE. Frak­tion im Thüringer Land­tag
DIE LINKE. Thürin­gen
Eisen­bahn- und Verkehrs- gew­erkschaft (EVG) Thürin­gen
ezra – Mobile Beratung für Opfer rechter, ras­sis­tis­ch­er und anti­semi­tis­ch­er Gewalt Thürin­gen
Europäis­che Jugend­bil­dungs- und ‑begeg­nungs- stätte Weimar
FAU – Freie Arbei­t­erin­nen- und Arbeit­er- Union Thürin­gen
Flüchtlingsrat Thürin­gen e.V.
Gew­erk- schaft Erziehung und Wis­senschaften (GEW) Thürin­gen
Gew­erkschaft Nahrung-Genuss-Gast­stät­ten (NGG) Thürin­gen
Grüne Jugend Thürin­gen
Heimat­bund Thürin­gen e.V.
IG Bauen-Agrar-Umwelt Bezirksver­band Erfurt
IG Met­all Thürin­gen
Info­laden Gotha
Info­laden Sabot­nik Erfurt
Ini­tia­tive für Flüchtlinge (IfF) Weimar
JG-Stadt­mitte Jena
Ju.w.e.l. e.V Gotha
Jüdis­che Lan­des­ge­meinde Thürin­gen
Jugend‑, Aktions- und Pro­jekt- werk­statt Jena
Jusos Thürin­gen
Jusos Weimar und Weimar­er Land
Kom­mune Wal­ter­shausen KoWa
L’ami­tié e.V. – Mul­ti­kul­turelles Zen­trum – Stadt- und Land­kreis Gotha
Lan­desju­gendw­erk der AWO Thürin­gen
Linksju­gend [sol­id’] Thürin­gen
Meininger Bünd­nis für Demokratie und Tol­er­anz
MOBIT e.V.
Naturfre­un­de­ju­gend Thürin­gen
Naturfre­unde Thürin­gen
Netz e.V. Aufen­thalt
Offene Arbeit des evan­ge­lis­chen Kirchenkreis­es Erfurt
Otto Bren­ner Stiftung
Pekari – offene Linke Basis­gruppe Jena
Redroxx Erfurt
Rosa-Lux­em­burg-Sti­fung Thürin­gen
Rote Hil­fe Erfurt
Sozial­is­tis­che Jugend Deutsch­lands – Die Falken Thürin­gen
SPD Thürin­gen
stell­w­erk e.V. – Junges The­ater Weimar
Stu­Ra der Fach­hochschule Erfurt
Stu­Ra der Hochschule für Musik »Franz Liszt« Weimar
StuKo Bauhaus-Uni­ver­sität Weimar
TVVdN/BdA
ver.di Bezirk Thürin­gen
ver.di Bezirks­frauen­rat Thürin­gen
Ver­net­zung der Bünd­nisse, Ini­tia­tiv­en und Net­zw­erke gegen Rechts Thürin­gen
VVN/BdA Basis­gruppe Gotha
Wahlkreis­büro Astrid-Rothe Bein­lich (MdL)
Wahlkreis­büro Carsten Schnei­der (MdB)
Wahlkreis­büro Diana Lehmann (MdL)
Wahlkreis­büro Gabriele Zim­mer (MdE)
Wahlkreis­büro Mar­ti­na Ren­ner (MdB)
Wahlkreis­büro Sabine Berninger (MdL)
Wahlkreis­büro Stef­fen Dittes (MdL)

Datum:

6. Novem­ber 2015 – 7. Novem­ber 2015    

Zeit:

0:00–23:59

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Weimar

Veranstalter*in:

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