17. April 2015 | 19:30
Foto: Nina Koslowa (Mitte erste Reihe) mit anderen Zwangsarbeiterinnen vor einer Baracke des Lagers VI von Carl Zeiss, Jena.
Eine Stadt der Lager – das war Jena während der NS-Zeit, insbesondere in den letzten Kriegsjahren. Doch obwohl diese Lager allgegenwärtig waren, erinnert heute fast nichts mehr an ihre Standorte. Vielfach wurden sie vergessen. Lager für deutsche Arbeitskräfte, Wohn- und Arbeitslager für Deutsche mit jüdischem Hintergrund, vor allem aber Lager für ausländische Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge – sie wucherten geradezu empor. Unübersehbar bestimmten sie das Jenaer Stadtbild, zumindest in Randlagen, während die ausländischen und deutsch-jüdischen Lagerinsassen aus der Mehrheitsgesellschaft ausgeschlossen wurden.
In elf Fallstudien untersuchen die Autorinnen und Autoren exemplarisch Standorte und Lagertypen sowie das Schicksal der Bewohner dieser Behelfsunterkünfte. Sie gehen der Frage nach, unter welchen Rahmenbedingungen ein regelrechter Mikrokosmos von NS-Lagern in Jena entstand und welche Rolle staatliche und kommunale Institutionen wie auch die Jenaer Stiftungsunternehmen beim Ausbau der Barackenlager spielten. Zudem beleuchten sie aus juristischer, erinnerungskultureller und vergangenheitspolitischer Perspektive, auf welche Weise nach 1945 mit diesem Kapitel der Jenaer Stadtgeschichte umgegangen wurde.
Marc Bartuschka (Hg.): Nationalsozialistische Lager und ihre Nachgeschichte in der StadtRegion Jena. Antisemitische Kommunalpolitik – Zwangsarbeit – Todesmärsche, Jena 2015