Get in action — Gegen den Nazi-Aufmarsch in Erfurt

1. Juli 2017 | 0:00–23:59

I‘m tired of wait­ing for noth­ing – get in action Aktiv wer­den gegen Nazi­aufmärsche, rechte Gewalt und dessen Akzep­tanz

Am 01.07.2017 möchte die Partei DIE RECHTE unter dem Mot­to „Volk­swirtschaft statt Finan­zlob­by­is­mus“ in Erfurt auf­marschieren. In den let­zten Jahren ist Erfurt zudem zu einem Ort gewor­den, an dem rechte Gewalt alltäglich gewor­den ist. Wie üblich in ein­er Stadt mit mit­tel­großer Zivilge­sellschaft, regt sich natür­lich Protest gegen den Nazi­auf­marsch. Das Treiben der Nazis außer­halb der Aufmärsche und Kundge­bun­gen hinge­gen bleibt unange­tastet, mehr noch, scheint sich eine Art der Akzep­tanz, zumin­d­est Taten­losigkeit eingeschlichen haben. Diese und weit­ere The­men sollen im Mit­telpunkt unseres Aufrufes ste­hen. Wir rufen an diesem Tag zu dezen­tralen Aktio­nen gegen den Nazi­auf­marsch auf.

Was bish­er geschah

In den let­zten Jahren kon­nten sich Neon­azis in Erfurt eine große Infrak­struk­tur schaf­fen, die wohl größte davon auf dem Her­ren­berg. Hier haben sich gle­ich zwei Naz­itr­e­ff­prunk­te etabliert: die Kammwegk­lause und der Volks­ge­mein­schaft e.V. Bei der „Kammwegk­lause“ han­delt es sich eher um einen Sauf­schup­pen und Ver­anstal­tun­gort für Musikver­anstal­tun­gen, von dem ein nicht geringes Maß an Gefahr aus­ge­ht. Rel­a­tiv neu hinzugekom­men ist der Volks­ge­mein­schaft Erfurt e.V., welch­er seinen Sitz etwa 500 Meter Luftlin­ie von der Kammwegk­lause ent­fer­nt hat. In der sog. Volks­ge­mein­schaft pro­bieren sich die Nazis mit Erfolg auf dem Ter­rain ein­er sozialar­bei­t­er­ischen Tätigkeit. Mit Kinder­festen, Dart-Turnieren, Musikun­ter­richt und Sport ver­suchen sie bei den von der Tristesse gelang­weil­ten Jugendlichen und Kindern des Her­ren­bergs anzukom­men. Was diese Sport­grup­pen bewirken, zeigt sich im Vier­tel. Berichte häufen sich, dass die jugendlichen Besuch­er der Volks­ge­mein­schaft im Vier­tel und in der Schule Geflüchtete und Schulbe­di­en­stete angreifen. Auf einem Bild dieser Sport­gruppe posieren neben Kindern und Jugendlichen auch Michel Fis­ch­er (DIE RECHTE), Enri­co Briczysco (DIE RECHTE, ex NPD) und andere Neon­azis. Auch um die Kammwegk­lause gab es immer wieder Angriffe auf behin­derte Men­schen, Migranten oder anders Denk­ende. Viele dieser Angriffe wur­den nie zu ein­er Anzeige gebracht, da die Betrof­fe­nen Angst davor haben. Im Erfurter Süden hat sich so teil­weise eine No-Go-Area her­aus­ge­bildet.

Antikap­i­tal­is­mus von rechts

Das Mot­to der Nazide­mo am 01.07. ist deck­ungs­gle­ich mit den Bestre­bun­gen im Erfurter Süden. Eben­so wie mit ver­meintlich sozialar­bei­t­er­isch­er Tätigkeit in der Volks­ge­mein­schaft soll mit antikap­i­tal­i­sis­chen The­sen sug­geriert wer­den, dass man sich küm­mert und­die Men­schen nicht im Stich lässt. Ger­ade für die Abge­hängten der grauen Erfurter Außen­bezirke ist das Wass­er in den Mühlen ihrer Rat­losigkeit im Kap­i­tal­is­mus. DIE RECHTE kri­tisiert Lei­har­beit, den Min­dest­lohn, Abwan­derung in den „West­en“, Ger­w­erkschaften und aller­lei anderen soziale The­men. Das „sich küm­mern“, um die soziale Frage hat bei den Neon­azis eine lange Tra­di­tion. Bere­its im Nation­al­sozial­is­mus war es ein wesentlich­er Bestandteil der Agi­ta­tion gegen pro­gres­sive Gesellschaftsmod­elle. Der Kap­i­tal­is­mus galt und gilt den Nazis als Symp­tom des kul­turellen Zer­falls und ste­ht ihrer Idee eines autoritären Staats- und Gesellschaftsmod­ells gegenüber. Für die Nazis von DIE RECHTE bietet diese Ide­olo­gie eben­so ein­fache wie anschlussfähige Antworten auf kom­plexe ökonomis­che Fra­gen. Ein­fache Antworten brin­gen eben­so ein­fache Lösun­gen, mit welchen der poten­tiellen Anhänger­schaft Hil­fe und eine bessere Welt ver­sprochen wer­den kann.Die bessere Welt gilt natür­lich nur für die jeni­gen, welche von den Nazis als deutsch beze­ich­net wer­den und stellt damit etwas exk­lu­sives dar. Geflüchtete, Juden, Schwule, Leseben und alles was nicht ins Welt­bild passt wird davon aus­geschlossen. Dabei vergessen die Neon­azis, dass der Kap­i­tal­is­mus ein gesellschaftlich­es Ver­hält­nis mit kom­plex­en Struk­turen ist, also nichts was man mit ein­fachen Antworten erk­lären oder abschaf­fen kann. Es reicht eben nicht dieses gesellschaftliche Ver­hält­nis in “raf­fend­es“ und „schaf­fend­es“ Kap­i­tal zu unterteilen. Statt die poli­tis­che Ökonomie im Ganzen zu kri­tisieren und zu ver­suchen diese zu ver­ste­hen, suchen die Nazis obses­siv nach Sün­den­böck­en um die ver­meintlichen Strip­pen­zieher des Kap­i­tals zu bes­tim­men. Das ist nicht nur falsch, son­dern ebnet den Weg für die Rück­kehr in die Bar­berei, wenn alles am Kap­i­tal­is­mus unver­standene auf einzelne Schuldige pro­jiziert wird, die es für die Nazis in let­zter Kon­se­quenz zu beseit­i­gen gilt.

Erfurts bunte Fas­sade bröck­elt

Hin­schauen tut nicht sel­ten weh, jedoch schläft es sich ruhiger wenn man es nicht macht. So in etwa nehmen wir die Gesellschaft in Erfurt wahr. Die ver­meintlich weltof­fene und tol­er­ante Haupt­stadt Thürin­gens hat eine tief braune Real­ität, welche gern unter den Tisch gekehrt wird, um das Image zu bewahren. Ras­sis­tis­che Über­griffe auf Geflüchtete, Migranten, alter­na­tive Men­schen, sowie die ras­sis­tis­che Abschiebe­poli­tik der Lan­deshaupt­stadt und ras­si­tis­che Polizeikon­trollen sind der alltägliche Wahnsinn. Nazi- Labels und Aufk­le­ber prä­gen das Stadt­bild, auch in der Innen­stadt. Zudem gibt es Stadt­teile, welche von den linken Struk­turen aufgegeben wur­den und lieber gemieden wer­den. Man wird das Gefühl nicht los, dass sich die Men­schen in Erfurt aber auch die radikale Linke, klein­bürg­er­liche Linke und die Zivilge­sellschaft damit arrang­iert haben. Nie­man­den inter­essieren die Men­schen, die in den „ver­lore­nen“ Sadt­teilen leben müssen und unab­hängig davon tagtäglich ras­sis­tis­chen Über­grif­f­en aus­ge­set­zt sind. Erfurt fehlt eine wahrnehm­bare Protestkul­tur gegen rechte Gewalt, Nazi­aufmärsche und zur Durch­set­zung der eige­nen Inhalte. Natür­lich gibt es in Erfurt Protest, jedoch nur in einem spießbürg­er­lichen Rah­men, indem die eigentliche Kri­tik völ­lig zu kurz kommt. Protest heißt in Erfurt, eine ver­git­terte Gegen­demon­stra­tion, welche sich friedlich gegenüber der Nazidemos postiert und ihren Unsinn selb­st feiert. Außer von weni­gen Aus­nah­men, wer­den die Ver­hält­nisse, welche zu No-Go-Areas, rechter Gewalt und den Bedin­gun­gen dahin­ter, nie angekratzt.

Werdet aktiv

Wir wollen uns nicht weit­er im braunen Ein­heits­brei ver­steck­en und so tun als gäbe es in Erfurt kein Nazis­prob­lem. Wir wollen uns mit euch entschlossen den Nazis in den Weg stellen und das nicht nur an Tagen, an denen Nazidemon­stra­tio­nen stat­tfind­en, son­dern jeden Tag! Wir rufen dazu auf, sich zu organ­isieren. In Erfurt gibt es eine Rei­he an guten inhaltlichen Ver­anstal­tun­gen auf denen ihr euch und andere bilden kön­nt. Doku­men­tiert und recher­chiert über Neon­azistruk­turen, nation­alkon­ser­v­a­tive und ethno­plu­ral­is­tis­che Organ­i­sa­tio­nen und Bewe­gun­gen. Baut Net­zw­erke auf und organ­isiert euch in poli­tis­chen Grup­pen. Werdet selb­st aktiv und über­windet die Lethargie. Zu diesem Zweck rufen wir am 01.07. zu dezen­tralen Aktio­nen gegen den Nazi­auf­marsch von DIE RECHTE auf.

I‘m tired of wait­ing for noth­ing – get in action

Organ­isiert euch, sabotiert rechte Struk­turen und den Nazi­auf­marsch in Erfurt

Datum:

1. Juli 2017    

Zeit:

0:00–23:59

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