9. August 2024 | 16:00–21:00
Über viele Monate hinweg sind die Umfragewerte der AfD kontinuierlich gestiegen. Bei den Europawahlen wurde sie in ganz Ostdeutschland zur stärksten politischen Kraft. In Thüringen erreichte sie knapp 31%. Auch in den Kommunalparlamenten konnte sie ihren Einfluss deutlich ausbauen. Begleitet wird dieser Aufstieg der Rechtspopulist*innen von einer Zunahme rechter Straßenmobilisierungen und Angriffen auf Personen mit Flucht- und Migrationsgeschichte und Andersdenkende.
Der Rechtspopulismus profitiert auch von einer Zuspitzung sozialer Krisen: dabei gehen Inflation, die Unterfinanzierung der Kommunen sowie die Ausdünnung der sozialen Infrastruktur ländlichen Regionen Hand in Hand und erzeugen einen fruchtbaren Nährboden für demokratiefeindliche Bestrebungen. Bei den Landtags- und Kommunalwahlen in diesem Jahr liegt nicht nur eine politische Machtbeteiligung der AfD im Bereich des Möglichen; es droht auch eine weitere Verschiebung des politischen Diskurses nach Rechts.
Sicher ist das aber keineswegs. „Nie wieder ist jetzt“ und Aufgeben ist keine Option. Die großen Demonstrationen nach den Berichten zu den „Re-Migrationsplänen“ der extremen Rechten sind ein ermutigendes Zeichen. Sie zeigen, dass wir in einer offenen politischen Auseinandersetzung stehen und die bestehenden Kräfteverhältnisse nicht in Stein gemeißelt sind.
So wichtig große Demonstrationen sind: Um dem Rechtsruck nachhaltig etwas entgegen setzen zu können, ist es darüber hinaus auch wichtig, die Diskussion und die gemeinsame Auseinandersetzung zu suchen – und das nicht nur in den großen Städten, sondern überall in Thüringen.
Als einen kleinen Beitrag dafür verstehen wir unsere Bustour „Sommer, Sonne, Solidarität“. An insgesamt acht Tagen (08.–11. sowie 15.–18. August) wollen wir durch Thüringen reisen, verschiedene Städte und Regionen besuchen und mit den Menschen an öffentlichen Plätzen ins Gespräch kommen. Im Gepäck haben wir vor allem eine Menge Fragen: Vor welchen Problemen und Schwierigkeiten stehen die Menschen vor Ort? Wie gehen sie damit um? Und wie könnten Formen einer gemeinsamen Gegenwehr und eines gemeinsamen solidarischen Miteinanders aussehen?
16:00 – 17.00 Uhr „Utopien im ländlichen Raum.“ Workshop mit Mike Laufenberg
Der ländliche Raum wir häufig als strukturschwach beschrieben. Der Wegzug der jungen Generation, Leerstand und fehlende soziale Infrastruktur prägen das Bild. Mike Lautenberg geht in seinem Workshop der Frage nach, welche Möglichkeiten eines alternativen, nicht am Profit orientieren Wirtschaftens und Handelns sich dennoch hier ergeben. Wie lassen sich Formen des Wirtschaftens entwickeln, die sich am lokalen Bedarf der Bevölkerung orientieren? Welche Formen der gegenseitigen Unterstützung und des solidarischen Handelns gibt es? Und wie lassen diese sich verbreitern?
17:00 — 18:00 Uhr Ratschlag: Wie wollen wir Leben. Workshop mit Christian von der Mitmach-Region SHK
Die Frage: ‘Wie wollen wir in Zukunft leben?’ stellen sich immer mehr Menschen, weil ein einfaches ‘Weiter so’ nicht zufriedenstellend erscheint. In einer vertraulichen Runde soll es deshalb allen Interessierten möglich sein, nicht nur aufmerksam zuzuhören, was andere denken, sie bewegt oder sich vorstellen, sondern auch selbst ansprechen zu können, was eine lebenswerte Zukunft aus der persönlichen Sicht braucht. Wichtig ist dabei, nicht zu kommentieren und auch nicht gegenzureden oder andere überzeugen zu wollen, sondern neugierig dabei zu sein und Verständnis für andere Perspektiven zu gewinnen.
18:30 – 20:00 „Flexen.“ Lesung mit Lea Sauer und Özlem Özgül Dündar Uhr
Wem gehört die (Klein-)Stadt? Der Sammelband „Flexen – Flâneusen* schreiben Städte” beweist: Allen! Denn das Buch bündelt in 30 verschiedenen Texten die Perspektive von Frauen, People of Color und queeren Menschen auf den öffentlichen Raum und zeigt so, dass nicht nur der weiße Mann durch die Straßen streift. Die Herausgeberinnen Özlem Özgül Dündar und Lea Sauer wollen in ihrer Lesung mit anschließender Diskussionsrunde Schlaglichter setzen auf zwei Themen, die in Bezug auf den öffentlichen Raum oft weniger Beachtung finden. Während in Dündars Erzählung „Die Luders” eine Gruppe junger, migrantischer Mädchen durch die Straßen streift, sich den öffentlichen Raum aneignet und dabei allerhand Quatsch und Abenteuer erlebt, fragt Sauer in „Eine Überlebende, eine Zeugin, ein Bericht” danach, wie sichtbar die Betroffenen von häuslicher Gewalt in unserem Alltag sind. In der anschließenden Diskussion geht es um Eure Erfahrungen: Wie kann das (Zusammen-)Leben gestaltet werden, damit sich alle sicher und willkommen fühlen? Wem gehört die Stadt, das Land, der öffentliche Raum? Und wie können wir alle uns den Raum nehmen, den wir benötigen?
20:00 – 22:00 Uhr „Das Land meines Vaters“ Film und Diskussion
Pierre ist 25 Jahre alt, als er aus Wyoming zurückkehrt, um mit seiner Verlobten Claire den Hof seines Vaters in der französischen Heimat zu übernehmen. Der junge Landwirt strotzt nur so vor neuen Ideen und Tatendrang, wohingegen sein Vater Jacques nur schwer loslassen kann. Zwanzig Jahre später ist der Betrieb gewachsen und mit ihm die Familie. Doch die glücklichen Tage der gemeinsamen Hingabe für Hof und Land gehören bald der Vergangenheit an. Denn trotz aufopferungsvoller harter Arbeit bis hin zur Erschöpfung und der tatkräftigen Unterstützung von Claire und den beiden Kindern wachsen die Schulden – und mit ihnen Pierres Verzweiflung.