15. Dezember 2014 | 19:00–22:00
Broschürenpräsentation und Mobilisierung gegen den „Akademiker-Ball“ 2015
Sechzig Mal fand jährlich Ende Januar/Anfang Februar der inzwischen auch über die Grenzen Österreichs bekannte Burschenschafter-Ball als Ball des Wiener Korporationsrings (WKR), einem Dachverband deutschnationaler, national-liberaler und extrem rechter Wiener Burschenschaften, Corps und Landsmannschaften statt, seit 1987 sogar in den Festsälen der Hofburg, einem der repräsentativsten Gebäude Österreichs.
Die Bedeutung dieses Balls ergibt sich durch die Funktion der gesellschaftlich durchaus anerkannten Burschenschaften als Bindeglied zwischen dem parteiförmigen Rechtsextremismus in Form der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreich) und dem organisierten Neonazismus. Darüber hinaus etablierte sich die Teilnahme verschiedener Ikonen des europäischen Rechtsextremismus, so unter anderem von Parteien wie dem Vlaams Belang, Front National, Schweizer Volkspartei oder Pro Köln und Pro NRW wodurch der Ball zunehmend als Vernetzungsort der europäischen Rechten fungierte. Der Ball, gleichzeitig größtes couleurstudentisches Event im deutschsprachigen Raum, rühmte sich zeitweilig mit 2000–3000 BesucherInnen jährlich. Trotz bzw. wegen der andauernden Kritik am Ball und seiner Gäste übernahm die Wiener Landesgruppe der FPÖ die Organisation des Balls 2013 und das Event wurde in „Wiener Akademiker-Ball“ umbenannt.
Nach massiven Eingriffen in die Versammlungsfreiheit und der 2011 durchgeführten gesonderten Beo-bachtung der antifaschistischen Massenproteste im Rahmen des auf Aufstandsbekämpfung ausgerichteten EU-Forschungsprogramms „Godiac“ („Good practice for dialogue and communication as strategic principles for policing political manifestations in Europe”) hätte man eigentlich glauben können, dass die polizeiliche Repression gegen BallgegnerInnen ihre Grenzen erreicht hätte. Dennoch hat sie 2014 neue Formen angenommen: die gesamte Wiener Innenstadt wurde zur Sperrzone erklärt und in neun Bezirken der Stadt mitten im Winter das Tragen von Hauben und Schals mittels eines Vermummungsverbots untersagt. Ein halbes Jahr saß zudem Josef S. aus Jena in Untersuchungshaft, der letztendlich ohne stichhaltige Beweise wegen Landfriedensbruch in Rädelsführerschaft, schwerer Sachbeschädigung und versuchter schwerer Körperverletzung schuldig gesprochen wurde. Der Prozess bestätigte Vermutungen, dass Josef stellvertretend für alle TeilnehmerInnen der antifaschistischen Gegendemos, insbesondere für das boulevardeske Feindbild der militanten bundesdeutschen „Linksextremen“, als Hauptschuldiger herhalten muss.
Im Rahmen einer Präsentation der Neuauflage der Broschüre „Völkische Verbindungen – Beiträge zum deutschnationalen Korporationsunwesen in Österreich“ sollen der gesellschaftliche Einfluss von Burschenschaften in Österreich, ihre Geschichte, Brauchtum und psychosoziales Profil nachgezeichnet und die Notwendigkeit, gegen die elitären Männerbünde vorzugehen, aufgezeigt werden. Zudem wird im Vortrag über die bisherigen sowie die geplanten Proteste gegen den „Akademiker-Ball“ 2015 informiert.