Deutlich werden! Antifa-/Antira-Demo in Jena

11. Dezember 2015 | 15:00

Der Spuk nimmt kein Ende – Wir gehen in die Offen­sive!

Fr, 11.Dez: Demon­stra­tion „Gren­zen Abschaf­fen & Alle Bleiben!“ | Jena
Sa, 12.Dez: Antifaschis­tis­che Nacht­tanzde­mo | Eisen­berg

*Info- und Vor­bere­itungstr­e­f­fen: Mittwoch, 02.Dez um 20Uhr im
Sem­i­nar­raum 309 (CZS 3)*

Für Sam­stag, den 12.Dezember haben Neon­azis vom Bünd­nis „Wir lieben
Ost­thürin­gen“ einen Fack­el­marsch zur Lan­deser­stauf­nahmestelle in
Eisen­berg angemeldet. Das wer­den wir nicht ein­fach so zulassen:
Gemein­sam mit Geflüchteten und Leuten aus Eisen­berg wer­den wir die
Rassist_innen mit ein­er antifaschis­tis­chen Nacht­tanzde­mo weg­Dan­cen und
ihnen den Raum entziehen.

Wir wollen uns mit dem ewigen Hin­ter­herg­erenne jedoch nicht zufrieden
geben. Nazis den Raum zu nehmen, heißt für uns endlich aus der Deck­ung
kom­men, die Straße nehmen und eigene Akzente set­zen! Deshalb wer­den wir
am Tag zuvor in Jena mit ein­er anti­ras­sis­tis­che Demon­stra­tion mit
unseren Posi­tio­nen deut­lich wer­den. Unter dem Mot­to „Gren­zen Abschaf­fen
& Alle Bleiben“ wer­den wir uns (voraus­sichtlich) ab 15Uhr an der
Flüchtling­sun­terkun­ft „Schul­straße“ in Jena-Ost tre­f­fen.

Für bei­de Ter­mine wird es am Mittwoch, dem 02.12. eine Infor­ma­tions- und
Vor­bere­itungstr­e­f­fen in der Uni Jena geben. In den kom­menden Tagen
wer­den wir weit­ere Infos, sowie die jeẃeili­gen Aufrufe und Web­seit­en
veröf­fentlichen.

Mit antifaschis­tis­chen Grüßen!

Aufruf

Zeit deut­lich zu wer­den:
GRENZEN ABSCHAFFEN & ALLE BLEIBEN!

Der Recht­sruck in Europa, die lan­gan­hal­tende PEGI­DA-Bewe­gung und ihre Nachah­mer, lang­hal­tende AfD-Demon­stra­tio­nen in Erfurt, ras­sis­tis­che Über­griffe, Bran­dan­schläge auf Geflüchtete­nun­terkün­fte, angstschürende Medi­en­berichte und reak­tionäre Politiker_innenaussagen – zweifel­los haben wir es mit ein­er recht­en Mobil­isierung ungeah­n­ten Aus­maßes und neuer Dimen­sion zu tun. Die wach­sende Anzahl von Men­schen, die nach Deutsch­land wollen, ist für Rechtspopulist­_innen und Nazis der verun­sich­ernde Boden, auf dem sie ihre ras­sis­tis­che Mei­n­ungs­mache vorantreiben kön­nen.
In diesem Kon­text spitzt sich die poli­tis­che Sit­u­a­tion zu: Asyrechtsver­schär­fun­gen, Gren­zschließun­gen, die Mit­telmeer­toten, mis­er­able Bedin­gun­gen in den Lagern und ver­schärfte Aus­beu­tung von migrantis­ch­er Arbeit sind das trau­rige Ergeb­nis der jüng­sten Entwick­lun­gen. Auf der anderen Seite haben die soge­nan­nte „Willkom­mens­be­we­gung“, ver­schiedene Fluchthil­fekon­vois und die zahlre­ichen Geflüchteten­proteste an den Grenz­zäunen und in den Lagern (erst im Okto­ber für mehrere Tage im südthüringis­chen Suhl) gezeigt wie es anders gehen kann: Sol­i­darisch und kämpferisch für eine Welt ohne Gren­zen. Diese Impulse gilt es poli­tisch weit­er zu entwick­eln, genau­so wie eine kri­tis­chen Hal­tung gegenüber den Ver­hält­nis­sen, die die jene katas­trophalen Zustände dieser Zeit her­vor­brin­gen.
Antifaschist_innen und Unterstützer_innen von Geflüchteten laufen jedoch den unüber­schaubaren und beängsti­gen­den Ereignis­sen und Prob­le­men seit Monat­en mit zunehmender Ohn­macht hin­ter­her. Es ist deshalb Zeit, zumin­d­est Antwortver­suche zu wagen, nicht immer nur auf Gegen­demos zu gehen, son­dern zusam­men zu kom­men, um laut und deut­lich für eine antifaschis­tis­che und anti­ras­sis­tis­che Bewe­gung einzutreten. Lasst uns deut­lich wer­den!

Das Prob­lem heißt Ras­sis­mus
Seit Win­ter 2014 formiert sich Sügi­da, dann Thügi­da, jede Woche in ver­schiede­nen Orten Thürin­gens. Im Herb­st hat­ten wir erschreck­end große AfD-Aufmärsche in Erfurt um den Proto­faschis­ten Björn Höcke. Recht­spop­ulis­tis­che Strö­mungen bilden eine gefährliche Mis­chung organ­isiert­er Neon­azis, ras­sis­tis­ch­er Wutbürger_innen und kon­ser­v­a­tiv­er Machtpolitiker_innen. Dabei gehen neon­azis­tis­che Struk­turen gestärkt aus dieser „Zusam­me­nar­beit“ her­vor.
Die Fol­gen der zunehmenden Stärke und Salon­fähigkeit rechter Mei­n­ungs­mache äußern sich in der mas­siv­en Zunahme rechter Über­griffe. Allein in Thürin­gen gab es dieses Jahr min­destens 14 Bran­dan­schläge auf Geflüchtete­nun­terkün­fte. Auch in Jena gab es im let­zten Jahr mehrere ras­sis­tis­che Angriffe; Belei­di­gun­gen und Ver­leum­dun­gen gegen ver­meintlich nicht wie Herkun­fts­deutsche ausse­hende Men­schen sind an der Tage­sor­d­nung.
Ras­sis­tis­che Gewalt auf der Straße ste­ht in Wech­sel­wirkung mit den jüngst getrof­fe­nen poli­tis­chen Entschei­dun­gen. Die soge­nan­nte „Flüchtlingskrise“ ist die Grund­lage für poli­tis­che Entschei­dun­gen über die Leben­sum­stände von Geflüchteten, welche vor einiger Zeit undenkbar gewe­sen wären. Asyl­rechtsver­schär­fun­gen, schnellere, leichtere und unangekündigte Abschiebun­gen, repres­sive Gren­zpoli­tik und die grauen­haften Zustände in den Lagern wer­den mit der ange­blichen Über­forderung gerecht­fer­tigt. Das ist die Real­ität in Deutsch­land, welch­es sich als „Willkom­menswelt­meis­ter“ insze­niert.
Das Prob­lem fängt wed­er bei Nazis an, noch hört es dort auf. Teil davon sind ras­sis­tis­che Mei­n­ungs­mache und Bedro­hungsrhetorik in den Medi­en eben­so wie die von Deutsch­land maßge­blich mitver­ant­wortete Abschot­tungspoli­tik der EU und der Aufwind recht­spop­ulis­tis­ch­er Bewe­gun­gen. Ras­sis­mus tritt in ver­schieden­er Gestalt auf, sei es durch die soge­nan­nten ‚besorgten Bürger_innen‘ oder als ‚poli­tis­che Notwendigkeit‘, die mit ver­meintlichen Sachzwän­gen umzuge­hen hat. Darum ist es umso wichtiger, Ras­sis­mus zu benen­nen, wo er uns begeg­net.

„Flüchtlingskrise“? Was hat das mit Kap­i­tal­is­mus zu tun?
Auf diese bedrück­ende Sit­u­a­tion gibt es keine leicht­en Antworten. Es kann sie auch gar nicht geben, weil wir tat­säch­lich in ein­er unüber­sichtlichen und kom­plizierten Welt leben. Fest ste­ht für uns: Die soge­nan­nte Flüchtlingskrise gibt es nicht. Die Prob­leme sind andere und schwieriger zu benen­nen. Trotz­dem kön­nen wir sagen, dass die Ursachen der herrschen­den Gewalt in Staat, Nation­al­is­mus und Kap­i­tal­is­mus begrün­det liegen. Dies sind keine hohlen Phrasen, son­dern Aus­drücke und Beschrei­bun­gen der Ver­hält­nisse, in denen wir leben und die wir täglich konkret zu spüren bekom­men.
Das kap­i­tal­is­tis­che, prof­i­to­ri­en­tierte Wirtschaftssys­tem führt dazu, dass wir uns in andauern­der Konkur­renz mit anderen Men­schen befind­en. Das bedeutet Leis­tungs­druck, Ungle­ich­heit und Ver­w­er­tungs­denken. In der aktuellen Debat­te find­en wir dies wieder: Geflüchtete wer­den aufgeteilt in „gut“ und schlecht“. Die „nüt­zlichen“ Fachar­beit­skräfte dür­fen bleiben, während sogean­nte „Wirtschafts­flüchtlinge“ in Son­der­lager gesteckt und abgeschoben wer­den. Beson­ders Roma aus den ange­blich „sicheren Herkun­ft­slän­dern“ im Balkan sind die Lei­d­tra­gen­deen dieses men­schen­feindlichen Nüt­zlichkeits­denkens.
Die Konkur­renz find­et auch zwis­chen Nation­al­staat­en statt und schafft ein glob­ales Ungle­ichgewicht. Der Kap­i­tal­is­mus pro­duziert Armut, Krieg, Vertrei­bung und Umweltzer­störung, welche für viele Men­schen ein Grund sind, zu fliehen. Die Refugee-Bewe­gung hat das selb­st auf den Punkt gebracht mit dem Slo­gan: „Wir sind hier, weil ihr unsere Län­der zer­stört!“
Nation­al­is­mus und Ras­sis­mus entste­hen nicht als Reak­tion auf die Migra­tions­be­we­gung, son­dern sind fest in der Gesellschaft und unseren Köpfe ver­ankerte Struk­turen. Das „Wir-gegen-Die“-Denken ist Teil dieser Ide­olo­gien. Rechtspopulist_innen, kon­ser­v­a­tive Kräfte und Ver­schwörungs­the­o­rien knüpfen an dieses Denken an und bedi­enen die Äng­ste der Men­schen, die von kap­i­tal­is­tis­ch­er Konkur­renz und Ungle­ich­heit unter Druck geset­zt wer­den. Sie bieten schein­bar ein­fache – aber irreführende – Antworten…

Gren­zen abschaf­fen & alle bleiben!
… Dage­gen set­zen wir die Vorstel­lung ein­er besseren, men­schen­würdi­gen, gewalt­freien Gesellschaft. Dies ist kein bloßes Gedanken­spiel, son­dern gelebte Hoff­nung und alltäglich­es Auf­begehren gegen die uns umgeben­den Ver­hält­nisse. Wenn wir von ein­er „gren­zen­losen Welt“ reden, meinen wir tat­säch­lich die inneren und äußeren Gren­zen Europas abzuschaf­fen. Wir meinen aber vor allem, alle Tren­nun­gen zu über­winden und alle Herrschaftsver­hält­nisse anzu­greifen, die Men­schen in Konkur­renz und Ungle­ich­heit set­zen und sie in Aus­beu­tung und Unter­drück­ung hal­ten.
Alle die hier her kom­men müssen oder wollen, sollen ohne Bedin­gun­gen kom­men und bleiben – egal aus welchen Län­dern und warum auch immer. Wir wis­sen: Sie haben viele und berechtigte Gründe. Wir befind­en uns in einem der reich­sten Län­der der Erde, welch­es seinen Reich­tum durch die scho­nungslose Aus­beu­tung der Umwelt, der arbei­t­en­den Men­schen und bru­tale inter­na­tionale Machtver­hält­nisse erzeugt. Wir sagen dage­gen: Es ist genug für alle da! Die seit Jahren von Geflüchteten erhobe­nen Forderun­gen haben in diesen Zeit­en ras­sis­tis­ch­er Mobil­machung und der Aushe­belung des Asyl­recht­es mehr denn je ihre Berech­ti­gung: Abschaf­fung des Lager­sys­tems, Stopp aller Abschiebun­gen, volle Bewe­gungs­frei­heit.

Zeit prak­tisch zu wer­den!
Die soge­nan­nte „Willkom­mens­be­we­gung“ hat prak­tis­che Unter­stützung organ­isiert, wo die staatliche Ver­wal­tung auf­grund poli­tis­chen Unwil­lens notwendi­ger­weise ver­sagen musste. Sie hat gezeigt, dass der ras­sis­tis­che Mob zwar am lautesten ist, aber keineswegs die einzige Antwort von Men­schen, auf die Her­aus­forderun­gen der Sit­u­a­tion zu reagieren. Darum fordern wir alle auf, die von sich behaupten, eine anti­ras­sis­tis­che Ein­stel­lung zu haben, weit­er zu denken, sich kri­tisch zu posi­tion­ieren und auf die Ursachen und Zusam­men­hänge zu schauen, welche die unhalt­baren Lebens­be­din­gun­gen von Geflüchteten her­vor­brin­gen.
Unser intu­itives Auf­begehren darf nicht bei Appellen an poli­tis­che Machthaber_innen und karika­tiv­en Ver­schenkak­tio­nen an Geflüchtete ste­hen bleiben. Es soll von der Wohltätigkeit zu ein­er echt­en poli­tis­chen Sol­i­dar­ität wach­sen, was poli­tis­che Bewusst­seins­bil­dung und Organ­isierung ver­langt. Den Men­schen­fein­den, Recht­spop­ulis­ten und Neon­azis gilt es entschlossen ent­ge­gen zu treten – bei Demon­stra­tio­nen und nicht weniger in unserem All­t­ag. Wir nehmen für uns in Anspruch, eigene Poli­tik zu machen, wollen nicht vertreten wer­den, son­dern uns zusam­men­schließen, um eigene Per­spek­tiv­en zu entwick­eln. Dabei wollen wir unsere Kri­tik an den herrschen­den Ver­hält­nis­sen zum Aus­druck brin­gen, poli­tisch han­deln und uns gemein­sam organ­isieren. Eine Kri­tik an den linken Parteien in der Regierung ist angesichts der katas­trophalen Entwick­lun­gen in Thürin­gen deshalb eben­falls unbe­d­ingt notwendig. Sie ist ver­ant­wortlich für die Aus­set­zung des Win­ter­ab­schiebestopps und das Herun­ter­spie­len des entwürdi­gen­den Umgangs mit Geflüchteten. Lasst uns darum gemein­sam mit den Geflüchteten kämpfen und ihre poli­tis­chen Forderun­gen unter­stützen! Der recht­en Mobil­machung dieser Zeit müssen wir als Antifaschist_innen entschlossen begeg­nen, aber all die Nazis und Rassist_innen, soll­ten uns nicht davon abhal­ten, eigene Akzente zu set­zen. Lasst uns deshalb deut­lich wer­den und mit unser­er eige­nen Posi­tion aus der Deck­ung kom­men:

Für eine gren­zen­lose, sol­i­darische, befre­ite Gesellschaft!
Sol­i­dar­ität mit allen Geflüchteten!
Gren­zen abschaf­fen und alle bleiben!

Datum:

11. Dezem­ber 2015    

Zeit:

15:00

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

GU Schul­straße
Schul­straße 11
Jena

Veranstalter*in:

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