Gedenkkundgebung zum Trans* Day of Remembrance

20. November 2023 | 17:30

Aufruf (kurze Ver­sion, Lesezeit 2min.):

Eine län­gere Ver­sion find­est du unten (Lesezeit 8min.).

CN: Mord, Suizid, Trans*feindlichkeit, Ras­sis­mus

Am 20. Novem­ber ist Trans* Day of Remem­brance. Gemein­sam wer­den wir an diesem Mon­tag unseren ermorde­ten und in den Suizid getriebe­nen trans* Geschwis­tern gedenken.

Wir wis­sen von 363 trans* Per­so­n­en, die in den let­zten 12 Monat­en ums Leben gekom­men sind. Viele wur­den ermordet. Viele sahen keinen anderen Ausweg mehr, als ihrem Leben selb­st ein Ende zu set­zen.

Und da noch immer trans*feindliche Gewalt sta­tis­tisch kaum erfasst wird, müssen wir davon aus­ge­hen, dass die 363 Toten, von denen wir weltweit wis­sen, nur die Spitze des Eis­bergs sind.

Das ist eine trau­rige, schmer­zliche, grausame Erin­nerung daran, dass Trans*feindlichkeit noch immer gesellschaftliche Nor­mal­ität ist.

Wir wollen ihnen gedenken. Das bedeutet auch einen Auf­trag an uns alle: Erin­nern heißt Verän­dern. Es ist wichtig, ihr Andenken zu ehren. Und es bedeutet für uns, dass wir die Bedin­gung für die Leben­den verän­dern müssen.

Queer- und ins­beson­dere Trans*feindlichkeit erstarken momen­tan gesamt­ge­sellschaftlich. Das zeigt sich beispiel­sweise am aktuellen Entwurf für das Scheißbes­tim­mungs­ge­setz. Statt echter Selb­st­bes­tim­mung gibt es trans*feindliche und trans*misogyne Nar­ra­tive, Repres­sion und Ras­sis­mus. Und das kommt nicht aus dem Nichts. Diese Entwick­lung wird durch einen recht­en Kul­turkampf befeuert. In dessen Nar­ra­tiv­en ste­hen beson­ders trans* Men­schen im Fokus. Ihre Exis­tenz wird als Bedro­hung imag­iniert und als Feind markiert. Durch diese Falscherzäh­lun­gen wer­den Morde an unseren trans* Geschwis­tern ide­ol­o­gisch ermöglicht.

Wir fordern: Weg mit der Bevor­mundung und Pathol­o­gisierung im Gesund­heitssys­tem! Angemessene medi­zinis­che Ver­sorgung für trans* Per­so­n­en ist Suizid­präven­tion. Diese nicht zu schaf­fen, heißt für mehr Suizide zu sor­gen!

Wir bege­hen diesen Trans* Day of Remem­brance in Deutsch­land. Trans*feindlichkeit ist aber glob­al am Erstarken. Wir ver­ste­hen uns in unseren Kämpfen ver­bun­den mit unseren trans* Geschwis­tern auf der ganzen Welt. Und das bedeutet, dass wir ihre Kämpfe gegen Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Aus­beu­tung, Aus­gren­zung, Gewalt, Folter und Mord auch zu unseren machen müssen. No one is free, until all of us are.

In diesem Sinne, lasst uns am 20.11. gemein­sam erin­nern. Gemein­sam trauern. Gemein­sam wütend wer­den. Kämpfen für eine bessere Zukun­ft. Für uns, und für all unsere trans* Geschwis­ter. Für eine Welt ohne Trans*feindlichkeit, Queer­feindlichkeit, Sex­is­mus, ras­sis­tis­che und patri­ar­chale Gewalt! Für ein gutes Leben, ohne Angst, über­all und für alle!

 

Aufruf (lange Ver­sion, Lesezeit 7min.):

CN: Mord, Suizid, Trans*feindlichkeit, Ras­sis­mus

Am 20. Novem­ber ist Trans* Day of Remem­brance. Gemein­sam wer­den wir an diesem Mon­tag unseren ermorde­ten und in den Suizid getriebe­nen trans* Geschwis­tern gedenken.

Wir wis­sen von 363 trans* Per­so­n­en, die in den let­zten 12 Monat­en ums Leben gekom­men sind. Viele wur­den ermordet. Viele sahen keinen anderen Ausweg mehr, als ihrem Leben selb­st ein Ende zu set­zen.

Und da noch immer trans*feindliche Gewalt sta­tis­tisch kaum erfasst wird, müssen wir davon aus­ge­hen, dass die 363 Toten, von denen wir weltweit wis­sen, nur die Spitze des Eis­bergs sind.

Das ist eine trau­rige, schmer­zliche, grausame Erin­nerung daran, dass Trans*feindlichkeit noch immer gesellschaftliche Nor­mal­ität ist.

Wir wollen ihnen gedenken. Das bedeutet auch einen Auf­trag an uns alle: Erin­nern heißt Verän­dern. Es ist wichtig, ihr Andenken zu ehren. Und es bedeutet für uns, dass wir die Bedin­gun­gen für die Leben­den verän­dern müssen.

Und da gibt es viel zu tun. Schauen wir zunächst auf Deutsch­land: Queer- und ins­beson­dere Trans*feindlichkeit erstarken momen­tan gesamt­ge­sellschaftlich. Das zeigt sich beispiel­sweise am aktuellen Entwurf für das Scheißbes­tim­mungs­ge­setz. Statt echter Selb­st­bes­tim­mung gibt es trans*feindliche und trans*misogyne Nar­ra­tive, Repres­sion und Ras­sis­mus. Und das kommt nicht aus dem Nichts. Diese Entwick­lung wird durch einen recht­en Kul­turkampf befeuert. In dessen Nar­ra­tiv­en ste­hen beson­ders trans* Men­schen im Fokus. Ihre Exis­tenz wird als Bedro­hung imag­iniert und als Feind markiert. Durch diese Falscherzäh­lun­gen wer­den Morde an unseren trans* Geschwis­tern ide­ol­o­gisch ermöglicht.

Trans*feindlichkeit ver­schränkt sich in fast allen Mor­den mit ras­sis­tis­ch­er, sex­is­tis­ch­er und klas­sis­tis­ch­er Gewalt. Das zeigt sich daran, dass über­wiegend trans* Frauen ermordet wur­den – vor allem trans* women of col­or. Beson­ders groß ist die Gefahr auch für trans* Sexarbeiter*innen und woh­nun­glose trans* Per­so­n­en. Und wir wis­sen, wie gesellschaftliche Erzäh­lun­gen und Wahrnehmungen funk­tion­ieren. Je stärk­er mar­gin­al­isiert Ermordete und Ange­grif­f­ene sind, desto weniger wer­den sie wahrgenom­men. Das bedeutet: Die aller­meis­ten der Men­schen, denen wir gedenken, bleiben für die gesamt­ge­sellschaftliche Wahrnehmung unsicht­bar. Und je weniger sie wahrgenom­men wer­den, desto weniger wird in ihrem Sinne verän­dert. Dage­gen wollen wir gemein­sam ange­hen!

Die große Zahl an Suiziden erk­lärt sich zum Einen mit der all­ge­meinen Gesund­heitsver­sorgung in Bezug auf men­tale Gesund­heit. Noch immer wer­den, auch und ger­ade in Deutsch­land, so viele Men­schen mit ihren Kämpfen und den Auswirkun­gen tagtäglich erlebter Anfein­dun­gen allein gelassen. Wie allein, wis­sen alle, die sel­ber schon seit Monat­en auf Wartelis­ten für Ther­a­pieplätze ste­hen. Aber es geht um mehr: All­ge­mein ist die medi­zinis­che Ver­sorgung für trans* Per­so­n­en in einem entset­zlichen Zus­tand. Bevor medi­zinisch notwendi­ge Maß­nah­men – bspw. Hor­mon­er­satzther­a­pi­en oder geschlecht­san­gle­ichende OPs, also medi­zinis­che Ver­sorgung, die Dys­pho­rie lin­dern kann – bevor solche Maß­nah­men stat­tfind­en kön­nen, müssen sich Betrof­fene durch ein Dic­kicht an For­mu­la­ren, Indika­tion­ss­chreiben, sinnlosen und entwürdi­gen­den Unter­suchun­gen, Bevor­mundun­gen und Pathol­o­gisierun­gen schla­gen. Dabei zeigen alle ern­stzunehmenden Stu­di­en und Metas­tu­di­en: Das medi­zinis­che Gate­keep­ing, organ­isiert von Gesund­heitssys­tem und Krankenkassen, ist ein zen­traler Fak­tor für die über­durch­schnit­tlich hohe psy­chis­che Belas­tung von trans* Per­so­n­en. Dabei ist die regret rate, also die Anzahl der Men­schen, die im Nach­hinein medi­zinis­che Ein­griffe bedauern, extrem ger­ing und wird durch all diese exter­nen Begutach­tun­gen nicht bee­in­flusst. Das einzig zen­trale Kri­teri­um für eine Ver­ringerung ist dage­gen die Selb­staus­sage betrof­fen­er Per­so­n­en. Und selb­st jet­zt liegt die regret rate bei unter 1%. Was das heißt, zeigt ein Ver­gle­ich: Der Anteil an Men­schen, die eine Hüft-OP im Nach­hinein bereuen, liegt 50 Mal höher. Und, nicht zu vergessen: Ver­gle­ich­bare Anwen­dun­gen von Hor­mo­nen und oper­a­tionellen Ein­grif­f­en wer­den bei cis Per­so­n­en des­sel­ben Geschlechts als Kassen­leis­tung regelmäßig vorgenom­men – sind zum Großteil ja auch für sie entwick­elt – während trans* Per­so­n­en sich dafür durch unzäh­lige Hür­den kämpfen müssen – nur damit die Genehmi­gung und Über­nahme vom MDK abgelehnt wer­den kann.

Kurz gesagt: Weg mit der Bevor­mundung und Pathol­o­gisierung im Gesund­heitssys­tem! Angemessene medi­zinis­che Ver­sorgung für trans* Per­so­n­en ist Suizid­präven­tion. Diese nicht zu schaf­fen, heißt für mehr Suizide zu sor­gen!

Mit diesem Blick auf Insti­tu­tio­nen darf aber nicht der Blick auf die gesellschaftlichen Zustände, aus denen diese her­vorge­hen, fehlen.

Mob­bing, psy­chis­che und physis­che Gewalt, die alltägliche Nor­mal­ität trans*feindlicher Anfein­dun­gen und Angriffe sind eine weit­ere Dimen­sion. Auch so wer­den trans* Per­so­n­en aus dem Leben gedrängt. Das zeigt etwa eine umfassende Metas­tudie, die für trans* Jugendliche ein fast 6 Mal so hohes Suizidrisiko im Ver­gle­ich zu nicht-queeren Teenagern belegt.

Dazu kommt die materielle Real­ität. Als Folge der grassieren­den Trans*feindlichkeit sind trans* Per­so­n­en über­durch­schnit­tlich arm und bspw. häu­figer von Woh­nungslosigkeit betrof­fen. Gle­ichzeit­ig fehlen ger­ade für trans* Per­so­n­en häu­fig Anbindun­gen und Unter­stützun­gen – eben­falls Folge von Trans*feindlichkeit. Das ist eine bru­tale Mis­chung: Gewalt, Aus­gren­zung, Ent­mündi­gung und ganz, ganz wenig Unter­stützung.

Das bedeutet auch, dass wir uns für trans* Geflüchtete beson­ders ein­set­zen müssen. Zum Einen muss deren Trans*sein an sich sowie als Ver­fol­gungs­grund anerkan­nt wer­den. Und ihnen muss beson­der­er Schutz zuteil wer­den, bspw. durch dezen­trale, sichere Unter­bringun­gen statt Gemein­schaft­sun­terkün­fte. Dieses Zusam­menpferchen muss ohne­hin ins­ge­samt weg, genau­so wie der oft kaum ver­hoh­lene Ras­sis­mus dahin­ter.

Wir bege­hen diesen Trans* Day of Remem­brance in Deutsch­land. Trans*feindlichkeit ist aber glob­al am Erstarken. Wir ver­ste­hen uns in unseren Kämpfen ver­bun­den mit unseren trans* Geschwis­tern auf der ganzen Welt. Und das bedeutet, dass wir ihre Kämpfe gegen Ras­sis­mus, Anti­semitismus, Aus­beu­tung, Aus­gren­zung, Gewalt, Folter und Mord auch zu unseren machen müssen. No one is free, until all of us are.

In diesem Sinne, lasst uns am 20.11. gemein­sam erin­nern. Gemein­sam trauern. Gemein­sam wütend wer­den. Kämpfen für eine bessere Zukun­ft. Für uns, und für all unsere trans* Geschwis­ter. Für eine Welt ohne Trans*feindlichkeit, Queer­feindlichkeit, Sex­is­mus, ras­sis­tis­che und patri­ar­chale Gewalt! Für ein gutes Leben, ohne Angst, über­all und für alle!

Bar­ri­eren: Deutsche Laut­sprache (ggf. Flüsterüber­set­zung auf Englisch), ♿︎

Aware­ness: vorhan­den

Kinder­be­treu­ung: vorhan­den

Datum:

20. Novem­ber 2023    

Zeit:

17:30

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Anton-Wil­helm-Amo-Platz (Faulloch)
Anton-Wilgelm-Amo-Platz
Jena

Veranstalter*in:

Trans*solidarische Ver­net­zung, Queer­weg, 8. März Bünd­nis, Das schlechte Gewis­sen, JAPS