Alexandra Kollontai und die Familie im Sozialismus

16. Oktober 2014 | 19:00

Alexan­dra Kol­lon­tai (1872–1952) war eine rus­sis­che Rev­o­lu­tionärin: Nach ein­er län­geren Zeit im europäis­chen Exil kehrte sie 1917 nach Rus­s­land und kämpfte zusam­men mit den Bolschewi­ki. Nach deren Sieg wurde sie die erste Frau im ZK, wo sie zunächst eine extrem lib­erale und fem­i­nis­tis­che Fam­i­lien­poli­tik durch­set­zen kon­nte, die z.b. Abtrei­bung und vere­in­fachte Schei­dung bein­hal­tete und die Funk­tio­nen der Fam­i­lie weit­ge­hend der sozial­is­tis­chen Gesellschaft über­ant­worten sollte. Ihre Stel­lung zum Stal­in­is­mus war ambiva­lent: Ein­er­seits war sie Anhän­gerin Stal­ins und über­lebte die stal­in­is­tis­chen Säu­berun­gen (was für Bolschewis­ten der ersten Stunde in den höheren Eta­gen eine absolute Sel­tenheit war), ander­er­seits kri­tisierte sie die Bürokratisierung unter Stal­in. Ihre Fam­i­lien­poli­tik wurde im Rah­men der forcierten Indus­tri­al­isierung in den 1930ern weit­ge­hend in Rich­tung ein­er „Fes­ti­gung der Fam­i­lie“ rev­i­diert. Dies mag der Grund dafür sein, dass sie ab den 1920’er Jahren als weltweit erste Diplo­matin im Aus­land arbeit­ete.

In dem Beitrag set­zt sich die Ref­er­entin Felici­ta Reuschling mit Kol­lon­tais The­sen zur Poli­tik der Fam­i­lie im Kom­mu­nis­mus auseinan­der, die sich pro­gram­ma­tisch an Engels und Bebel ori­en­tierten und das Abster­ben der Fam­i­lie propagierten. Auch für die frühe Phase ihrer erfol­gre­ichen fem­i­nis­tis­chen Fam­i­lien­poli­tik wird deut­lich, wie stark die gesamte Vorstel­lung von ein­er zukün­fti­gen kom­mu­nis­tis­chen Fam­i­lie, von dem Konzept ein­er „gesellschaftlichen Indus­trie“ geprägt war. Beson­ders bei der Frage gesellschaftlich­er Repro­duk­tion wer­den die prob­lema­tis­chen Bew­er­tun­gen marxsch­er Wert­the­o­rie von „pro­duk­tiv­er“ und „unpro­duk­tiv­er Arbeit“deutlich, die zugle­ich typ­isch für die Arbeit­er­be­we­gung zu Beginn des 20.Jh. waren. Bekan­ntlich sind aber im Fol­gen­den wed­er der sozial­is­tis­che Staat, noch die Fam­i­lie „abgestor­ben“, son­dern in einen autoritären Staatskap­i­tal­is­mus trans­formiert wor­den. Abschließend wird deshalb vorgestellt, wie sich Fam­i­lie und Geschlechter­ver­hält­nis in der späteren Sow­je­tu­nion entwick­el­ten.

Felici­ta Reuschling (Kul­tur­ar­bei­t­erin, Autorin und Mit­glied des Her­aus­ge­berIn­nen-Kollek­tivs kitchen pol­i­tics, Berlin)

Datum:

16. Okto­ber 2014    

Zeit:

19:00

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Veranstaltungsort:

Info­laden Jena
Schil­lergäßchen 5
Jena

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