Von Adorno zu Mao – Über die schlechte Aufhebung der antiautoritären Bewegung

24. November 2014 | 19:00

Vortrag von Jens Benicke

Nach­dem 1956 sow­jetis­che Panz­er den Auf­s­tand gegen das staatskap­i­tal­is­tis­che Regime in Ungarn niedergeschla­gen hat­ten, entste­ht aus dem Protest dage­gen im West­en eine „Neue Linke“, die sich expliz­it gegen Stal­in­is­mus und Sozialdemokratie wen­dete. Diese sich zuerst in den USA, Frankre­ich und Großbri­tan­nien entwick­el­nde Strö­mung ent­deck­te dabei auch die dis­si­den­ten Tra­di­tio­nen der Arbei­t­erIn­nen­be­we­gung, vom Rätekom­mu­nis­mus bis zum west­lichen Marx­is­mus, wieder.
Die Beson­der­heit der Neuen Linken in der Bun­desre­pub­lik ist dabei ihr stark­er Bezug auf die Kri­tis­che The­o­rie. Durch die anti­au­toritäre Stu­den­ten­be­we­gung der Sechziger Jahre kommt diese in Deutsch­land zum ersten Mal prak­tisch zur Gel­tung. An Adorno, Horkheimer und Mar­cuse ori­en­tierte stu­den­tis­che The­o­retik­er wie Hans-Jür­gen Krahl, Frank Böck­el­mann u. a. schafften es Mitte der sechziger Jahre kurzzeit­ig im het­ero­gen „Sozial­is­tis­chen Deutschen Stu­den­ten­bund“ (SDS) die Ober­hand zu gewin­nen und die dort eben­falls stark vertretene tra­di­tion­slinke Strö­mung zurück­zu­drän­gen.
Doch dieser erfreuliche Zus­tand ist nur von kurz­er Dauer, denn schon auf dem Höhep­unkt der stu­den­tis­chen Proteste entste­hen aus der anti­au­toritären Bewe­gung her­aus neolenin­is­tis­che Strö­mungen, die die Kri­tis­che The­o­rie als ver­meintlich „klein­bürg­er­lich“ zurück­weisen. Diese Entwick­lung fällt zeitlich zusam­men mit ein­er­seits erkennbaren Nieder­la­gen der Bewe­gung (so ver­ab­schiedet etwa der Bun­destag die Not­stands­ge­set­ze) und ander­er­seits ein­er deut­lichen per­son­ellen Ausweitung der Proteste. Die bis dato über­schaubaren anti­au­toritären Grup­pen stoßen erkennbar an ihre Gren­zen. Die fol­gende „schlechte Aufhe­bung der anti­au­toritären Bewe­gung“ und die Kon­sti­tu­tion der mao-stal­in­is­tis­chen K‑Gruppen bedeutet dann die endgültige Abkehr eines großen Teils der Protest­be­we­gung von der Kri­tis­chen The­o­rie und den von ihnen selb­st bis vor kurzen vertrete­nen Posi­tio­nen. Aus der anti­au­toritären Bewe­gung entwick­eln sich autoritäre Kaderor­gan­i­sa­tio­nen, die sämtliche emanzi­pa­torischen Errun­gen­schaften der Revolte in ihr Gegen­teil verkehren.

Diese Ver­anstal­tung ist Teil der Rei­he “1968 und die Fol­gen”, organ­isiert von den Falken Thürin­gen

Datum:

24. Novem­ber 2014    

Zeit:

19:00

Veranstaltungskategorie/n:

Veranstaltungsort:

Uni Jena, Hör­saal 8
Carl-Zeiss-Strasse 3
Jena

Veranstalter*in:

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